Die Umweltorganisation Greenpeace fordert gesetzliche Regelungen für mehr Tierschutz in der Milchviehhaltung. Konkret verlangt der Verband, die ganzjährige Anbindehaltung von Milchkühen und das Enthornen von Kälbern ohne Schmerz- und Betäubungsmittel umgehend zu verbieten.
„Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir muss dazu einen Vorschlag für nationale Mindestvorgaben vorlegen“, sagt Greenpeace-Agrarreferent Martin Hofstetter. Die Organisation legte heute (3.4.) im Rahmen einer Pressekonferenz ein Rechtsgutachten vor. Darin kommt die Hamburger Kanzlei Rechtsanwälte Günther zu dem Schluss, dass gängige Formen der Milchkuhhaltung gegen das Tierschutzrecht verstoßen.
Züchtung von Holstein Friesian ist „Qualzucht“
Deutliche Kritik üben Greenpeace und die von ihr beauftragten Gutachter an der Zucht der Rasse Holstein Friesian. „Die angezüchtete hohe Milchleistung bringt derartige starke und häufige Beeinträchtigungen der Gesundheit mit sich, dass dies bei Hochleistungskühen qualzüchterische Ausmaße annimmt“, sagte Rechtsanwältin Dr. Davina Bruhn.
Die einseitige Zucht auf maximale Milchleistung belaste die Gesundheit vieler Kühe und führe häufig zu Stoffwechselstörungen, Unfruchtbarkeit, Euterentzündungen und Klauenkrankheiten. Darum solle § 11b des Tierschutzgesetzes (TierSchG) dahingehend ergänzt werden, wann bei Zuchtrindern von einer Qualzucht auszugehen sei.
Greenpeace Rechtsgutachten zur Milchviehhaltung
Mindestvorgaben für Liegefläche und Bewegung erlassen
In dem von Greenpeace präsentierten Rechtsgutachten wird der Verordnungsgeber aufgefordert, nationale Mindestvorgaben für die Haltung von Milchkühen festzulegen. Als entscheidende Punkte nennen die Juristen konkrete Anforderungen an:
- eine angemessene Ernährung,
- eine verhaltensgerechte Unterbringung,
- den Platzbedarf pro Kuh,
- die Beschaffenheit des Liegeplatzes,
- die Bewegungsfreiheit und den
- Zugang zu Außenklimareizen.
Bauernverband: Allgemeine Vorwürfe ohne viel Substanz
In einer ersten Reaktion bewertete der Deutsche Bauernverband (DBV) das Greenpeace-Gutachten als wenig substanziell. "Das ist der Versuch, auf den Zug beim Thema Tierwohl aufzuspringen und auch hier eine mediale Duftmarke zu setzen", sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken.
Das sogenannte Gutachten sei eine Zusammenstellung von allgemeinen Vorwürfen und Gemeinplätzen, monierte Krüsken. Es bringe die Diskussion nicht wirklich weiter. "Wir brauchen keine aktivistischen Pauschalvorwürfe, sondern eine qualifizierte Debatte mit Praktikern und Wissenschaftlern“, unterstrich der DBV-Generalsekretär.
Koalition hinkt Ankündigungen im Koalitionsvertrag hinterher
In ihrem Koalitionsvertrag hatte die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP angekündigt, die Anbindehaltung in spätestens zehn Jahren zu beenden, nicht-kurative Eingriffe wie das Enthornen deutlich zu reduzieren und die Qualzucht zu konkretisieren.
Dies soll geschehen, indem „bestehende Lücken in der Nutztierhaltungsverordnung“ geschlossen und das Tierschutzgesetz verbessert werden. Vorschläge dazu hat die seit Dezember 2021 regierende Ampelkoalition noch nicht vorgelegt.
Im Mai 2017 hatte Greenpeace bereits - ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Rechtsanwältin Dr. Davina Bruhn - ein Gutachten zur Vereinbarkeit der Schweinehaltung mit dem Tierschutzrecht vorgelegt.
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