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Fütterung

Mit Hirse in Dürrejahren Rinder füttern?

Koernerhirse
am Montag, 12.07.2021 - 05:00 (Jetzt kommentieren)

Bei Ertragsausfällen durch Dürre sind vor allem Rinderhalter stark betroffen. Häufig fehlt es an strukturwirksamer Faser, um die Tiere zu versorgen. Ist Hirse eine Faseralternative in trockenen Jahren?

Im Grobfutterbau ist und bleibt Silomais das Maß der Dinge. Aber die wärmeliebende C4-Pflanze zeigt immer wieder, wie anfällig sie bei Wassermangel ist. Steht zufällig Futterhirse als Nachbar in der Nähe, ist diese häufig ertragsstabiler. Das zeigen langjährige Untersuchungen im Energiepflanzenanbau. Aber Masse ist nicht immer gleich Klasse. Daher stellt sich die Frage, ob Hirse eine ernstzunehmende Alternative zu Silomais im Futterbau sein kann.

Hirse verträgt Trockenheit

Hirse (Sorghum), deren Ursprung im tropischen Afrika liegt, hat eine enorme genetische Vielfalt. Sie gehört zur Familie der Süßgräser und ist eng verwandt mit Mais, Zuckerrohr und Miscanthus. Als C4-Pflanze besitzt sie ein großes Potenzial für hohe Biomasseerträge. Gegenüber Silomais trumpft sie mit einer höheren Trockentoleranz auf.

Hirse nicht gleich Hirse

Als Kultur­pflanzen sind vor allem die beiden Arten Sorghum bicolor und Sorghum sudanense (Sudan­gras) bekannt. Für die Tierernährung sind die massenwüchsige Futterhirse und die kurze, kompakte Körnerhirse interessant. Beide Typen unterscheiden sich in ihren Eigenschaften und Verwendungs­möglichkeiten.

Masse statt Klasse

Die massewüchsigen und faserreichen Futterhirsen oder Sudangrashybriden spielen als Futterpflanzen in Europa kaum eine Rolle. Anbauversuche und wirtschaftliche Berechnungen der letzten trockenen Jahre in Deutschland machen deutlich, dass Futterhirsen eine echte Alternative zu Silomais sowohl auf Grenz- als auch auf Gunststandorten darstellen. Der Trockenmasseertrag lag auf den schlechteren Standorten in Süddeutschland in allen Jahren höher als bei Mais. Auf Löß und norddeutschen Standorten waren die Erträge der Futterhirsen 2016 und 2018 höher als bei Mais. 2017 lagen Mais und Futterhirsen gleich auf und 2019 hatte der Mais ertragsmäßig leicht die Nase vorn.

Im Futterwert können Sudangrashybride und Futterhirse mit dem Silomais jedoch keineswegs konkurrieren. Es fehlt an Stärke. Gepaart mit schlechterer Verdaulichkeit liegen die Energiedichten der Futterhirsen und Hybriden rund 1 bis 1,5 MJ NEL je kg Trockenmasse unter denen von Silomais. Geht man jedoch davon aus, dass es in den Dürrejahren vor allem an strukturwirksamem Grobfutter fehlte und Getreide- oder Maisstärke am Weltmarkt ausreichend verfügbar war, stellt sich die Rolle des Futtersorghums anders dar.

Blausäure könnte Probleme machen

Hirsepflanzen neigen unter Stress dazu, Blausäure (Cyanwasserstoff) zu bilden. Das geschieht nach Kälteperioden, geringer Sonnenscheindauer oder Fraßdruck, aber auch bei Dürrestress. Blausäure ist hochgiftig und futtermittelrechtlich unerwünscht. Ein Futtermittel darf höchstens 57 mg Blausäure je kg Trockenmasse enthalten. Werden die Höchstgehalte überschritten, darf das Futtermittel nicht in den Verkehr gebracht, verfüttert oder verdünnt werden. Das heißt, Hirsen mit erhöhtem Blausäuregehalt müssten entsorgt oder in Biogasanlagen genutzt werden. Es gibt Hinweise, dass Futterhirse oder Sudangrashybride deutlich anfälliger sind als Körnerhirse. Hier spielt auch das Reifestadium eine Rolle. Denn mit zunehmender Reife geht der Blausäuregehalt in der Ganzpflanze zurück.

Durch das Silieren wird ein Teil der Blausäure abgebaut. In Silierversuchen der letzten Jahre war eine Minderung von fast 50 Prozent möglich. Um sicher zu gehen, sollte das Siliergut nicht mehr als 100 mg Blausäure je kg Trockenmasse aufweisen, um futtermittelrechtliche Grenzen nicht zu überschreiten. Wenn man sich nicht sicher ist, sollte man Futterhirse und Sudangrashybride vor dem Verfüttern auf Blausäure untersuchen lassen.

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