Sie ist die Vorbereitung auf die Geburt und die nächste Laktation: die Trockenstehzeit. Euterentzündungen können ausheilen und das Gewebe kann sich regenerieren. Das sichert eine gute Leistung in der kommenden Laktation.
Auch das ungeborene Kalb profitiert vom Trockenstellen. Ihm werden durch das Ausbleiben des Melkens zusätzliche Nährstoffe zur Verfügung gestellt. Zudem kann eine gute Kolostrumqualität mit einem hohen Anteil an Immunglobulinen aufrechterhalten werden.
Ein Durchmelken ohne Trockenstehzeit ist daher keine Option. Auch das Verkürzen des Trockenstellens ist von Nachteil. Je kürzer die Zeit ist, desto besser ist zwar die Trockenmasseaufnahme in der Folgelaktation. Das beugt Gesundheitsproblemen infolge einer negativen Energiebilanz vor. Trockenstehphasen von unter 30 Tagen können jedoch die Eutergesundheit schädigen und vor allem bei Färsen mit deutlichen Leistungsverlusten einhergehen.
Erreger eindämmen
Euterentzündungen gehören zu den teuersten Erkrankungen von Milchkühen. Eine richtige Behandlung hilft, bereits erkrankte Tiere wieder zu heilen. Die höchste Abheilungsrate erreichen Betriebe dabei in der Trockenstehphase nach der Behandlung mit üblichen antibiotischen Langzeitpräparaten. Mit dieser Praxis ist es gelungen, Eutergesundheitsprobleme durch Erreger wie Streptococcus agalactiae oder Staphylococcus aureus erfolgreich zu sanieren.
Die Kritik am Einsatz von Langzeitantibiotika zum Trockenstellen wird jedoch immer stärker. Aufgrund der bereits erreichten Erfolge der Betriebe durch Langzeitantibiotika und des gesellschaftlichen Drucks, wird mittlerweile ein gezielter Einsatz von Antibiotika gefordert. Das antibiotische Behandeln aller Kühe vor der Trockenstehzeit steht in der Kritik, da dabei auch eutergesunde Tiere behandelt werden. Das kann Antibiotikaresistenzen fördern. Diese Problematik rückt das selektive Trockenstellen in den Fokus. Dieses Verfahren ist allerdings in Deutschland noch nicht die Regel. Eine Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover ergab, dass nur 38 Prozent der Betriebe ihre Kühe selektiv trockenstellen.
Infektion aus der Umwelt
Beim selektiven Trockenstellen ist die Zellzahl der Einzeltiere von großer Bedeutung. Beobachtet werden die Zellzahlen des letzten Probemelkens vor dem Trockenstellen und des ersten Probemelkens zu Beginn der nächsten Laktation. Diese Werte sind ein wichtiger Parameter, um die Tiere zu identifizieren, die sich während der Trockenstehzeit eine Eutererkrankung einhandeln. Meist geschieht dies durch Umwelterreger (siehe „Erreger aus der Umwelt“ ab Seite 22).
Die Hauptphase für eine Infektion mit diesen Keimen sind die ersten Tage nach dem Trockenstellen. In dieser Zeit ist die Milchbildung noch nicht eingestellt und der Euterinnendruck hoch. Es kann zum Tröpfeln der Milch kommen, wodurch Krankheitserreger ins Innere des Euters gelangen können. Eine ungenügende Haltungshygiene und das gegebenenfalls unsaubere Applizieren von Eutertuben können ebenfalls eine Infektion begünstigen. Auch der geburtsnahe Zeitraum ist eine kritische Zeit. Offene Zitzenkanäle für die beginnende Laktation, Immunschwäche durch zusätzliche geburtsnahe Erkrankungen und eine mangelnde Haltungshygiene können eine Infektion mit Umwelterregern begünstigen.
Infektionsrate beachten
Kühe, die mit einer Zellzahl von unter 100.000 Zellen/ml Milch die letzte Laktation beendet haben und die neue Laktation mit einer Zellzahl von mehr als 1.000.000 Zellen/ml Milch beginnen, haben sich während der Trockenstehphase neu infiziert. Ihr Anteil an allen Kühen, die die letzte Laktation mit bis zu 100.000 Zellen/ml beendet haben, bildet die Neuinfektionsrate während des Trockenstellens. Spitzenbetriebe erreichen Neuinfektionsraten von weniger als 15 Prozent.
Demgegenüber steht die Heilungsrate während des Trockenstellens. Sie umfasst den Anteil der Kühe, die mit mehr als 100.000 Zellen/ml Milch die Laktation beenden und die neue Laktation mit weniger 100.000 Zellen/ml beginnen. Die durchschnittliche Heilungsrate liegt bei 50 Prozent. Spitzenbetriebe erreichen Heilungsraten von bis zu 75 Prozent.
Betroffene Kühe erkennen
Ein gesundes Euter benötigt keine antibiotischen Trockensteller. Beim selektiven Trockenstellen erhalten nur die Kühe ein antibiotisches Präparat, bei denen am Ende der Laktation eine Euterinfektion besteht.
Beim Erkennen dieser Tiere besteht das Risiko, dass Kühe übersehen werden, die von einem antibiotischen Langzeitpräparat profitieren würden, oder Tiere ein Antibiotikum erhalten, bei denen keine Infektion oder chronische Mastitis vorliegt.
Um die Kühe, die antibiotisch trockengestellt werden müssen, zu identifizieren, sollten Milchviehhalter den Parameter Zellgehalt aus der letzten Milchleistungsprüfung (MLP) vor dem Trockenstellen mit einem Schalmtest am Tag des Trockenstellens kombinieren. Tiere mit einem Zellgehalt von über 100.000 Zellen/ml Milch in der letzten MLP vor dem Trockenstellen erhalten ein antibiotisches Präparat.
Schalmtest beim Trockenstellen

Tiere, die in der letzten MLP einen Zellgehalt von unter 100.000 Zellen/ml aufweisen, werden am Tag des Trockenstellens mittels Schalmtest untersucht. Dabei werden nach dem Reinigen der Zitzen, dem Anrüsten und dem Verwerfen des Vorgemelks je Euterviertel einige Strahlen Milch in eine Schalmtestschale ermolken. Diese Schale besteht aus vier separaten Vertiefungen – jeweils für jedes Viertel eine. Markierungen in den Schalenvertiefungen sorgen dafür, dass aus allen Vierteln die gleiche Menge Milch beprobt wird.
Zur Milch wird anschließend eine Testflüssigkeit gegeben. Da eine Überdosierung der Testflüssigkeit unbedingt vermieden werden muss, bieten die Hersteller Pumpdosierer an. Ein Pumpstoß entspricht genau der Testmenge.
Der Test ist nur aussagekräftig, wenn für alle potenziell in der Milch enthaltenen somatischen Zellen ausreichend oberflächenaktive Flüssigkeit vorhanden ist. Nach dem Dosieren werden die Milch und die Testflüssigkeit durch kreisende Bewegung vermischt. Je mehr somatische Zellen in der Milch enthalten sind, desto stärker ändert das Gemisch seine Konsistenz von dünnflüssig über schlierig, schleimig bis hin zu gallertig.
Bei einem negativen Schalmtest ist die Testflüssigkeit flüssig ohne sichtbare Veränderung. Ein schwach positiver Test weist eine schlierige Konsistenz auf. Bei einem positiven Schalmtest ist eine deutliche Schleimbildung erkennbar. Ein stark positiver Test weist eine gallertige oder klumpige Testmischung auf.
Nicht antibiotisch Trockenstellen
Ist der Schalmtest ohne Befund, werden die entsprechenden Kühe ohne antibiotische Langzeitpräparate trockengestellt. Um sie vor dem Einwandern von Keimen in der kritischen Zeit kurz nach dem Trockenstellen oder im geburtsnahen Zeitraum zu schützen, kann ihnen ein Zitzenversiegler appliziert werden. Er verschließt den Zitzenkanal mit einem Keratinpfropf, der mit dem ersten Gemelk zu Beginn der Laktation wieder ermolken wird. Sind ein oder mehrere Viertelgemelkproben positiv oder stark positiv, erhalten diese Tiere einen antibiotischen Trockensteller.
Ein weiteres Selektionskriterium ist das Mastitisgeschehen in der Vorlaktation. Kühe, die in der vorherigen Laktation an mehr als einer klinischen Mastitis erkrankt waren, erhalten ebenfalls einen antibiotischen Trockensteller.
Antibiotika vorsichtig einsetzen
Das Weglassen der antibiotischen Präparate kann zu einer Verschlechterung der Heilungsrate führen, wenn zu viele infizierte Euterviertel unbehandelt bleiben. Das selektive Trockenstellen wird außerdem durch eine hohe Neuinfektionsrate auf Herden- ebene und viele erkrankte Tieren erschwert.
Wird in der Herde eine Sanierung infolge von Infektionen mit Streptococcus canis oder Streptococcus agalactiae durchgeführt, gesollte ein antibiotisches Trockenstellen bis zum erfolgreichen Abschluss bei allen Tieren durchgeführt werden.
Bei akut eutererkrankten Tieren ist das antibiotische Trockenstellen im Vergleich zu einer Laktationsbehandlung in der Regel wirksamer, sofern die Erreger auf die eingesetzten Mittel sensibel reagieren. Eine antibiotische Behandlung von eutergesunden Tieren ist beim Trockenstellen jedoch nicht gerechtfertigt, da es die Bildung von Resistenzen fördern kann.
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