Karin Mayerhofer steht im Laufgang und reinigt Liegeboxen. Aus ihren Kopfhörern dröhnt „Atemlos durch die Nacht“ von Schlagersängerin Helene Fischer. Energisch drückt sie den Hintern einer Fleckviehkuh zur Seite. „Komm, mach Platz, Milka“, sagt sie und schiebt sich an dem Tier vorbei.
Zusammen mit ihrem Mann Sepp hält sie 60 Milchkühe in Polling bei Mühldorf am Inn. „Wir züchten Fleckvieh“, sagt die Landwirtin. Die Kühe sind robust und geben viel Milch. Die durchschnittliche Milchleistung liegt bei 8.300 l pro Kuh und Jahr.
Gemolken wird zweimal täglich. „Da bleibt kaum Zeit für Erholung.“ Aber die schwere körperliche Arbeit macht ihr nichts aus. „Im Gegenteil: Es macht Spaß“, sagt Karin Mayerhofer. Dass der Betrieb so gut läuft, ist alles andere als selbstverständlich. Es hätte auch anders kommen können.
Landwirtschaftliche Nutzfläche (ha) | 52 |
Anzahl Milchkühe (Stück) | 60 |
Anzahl Nachzucht (Stück) | 120 |
Jährliche Milchleistung (kg/kuh) | 8.300 |
Lebensleistung (kg/kuh) | 28.000 |
Zellzahlgehalte (Zellen/ml) | 154.000 |
Milchpreis (Cent/kg) | 33 |
Molkerei | Almil |
Ehemann fällt ins Koma
Am 2. Februar 2011 verunglückte Sepp Mayerhofer. „Mein Mann fällte im Wald eine Esche“, erinnert sich seine Frau. Ein Ast traf ihn so schwer am Kopf, dass er den Hang hinabstürzte. „Er lag am Boden wie tot.“ Ein Hubschrauber brachte ihn ins Krankenhaus.
Karin Mayerhofer blieb auf dem Hof zurück. „Ich fühlte mich hilflos“, sagt sie. Eins war aber klar: Rumsitzen und heulen, das bringt nichts. Also zog sie ihren Overall an und ging in den Stall. Zum Melken. „Ich musste ja Geld verdienen."
Und sie überlegte, wie es weitergeht. Die Ärzte hatten bei ihrem Mann Sepp einen Schädelbasisbruch diagnostiziert und ihn in ein künstliches Koma versetzt - Heilungschancen ungewiss.
Koma: Familie und Freunde helfen
„Meine größte Angst war, dass mein Mann nicht wiederkommt“, sagt Karin Mayerhofer. Ein Stall voller Fleckviehkühe und vier Kinder – allein hätte sie das nicht geschafft. Viel Unterstützung bekam sie von Familie und Freunden.
„Ein Anruf und sofort war jemand da, vor allem der Westerhauser Sepp.“ Obwohl der Landwirt selbst einen Milchviehbetrieb leitet, hat er Karin Mayerhofer zwei Wochen lang beim Füttern geholfen.
Doch das konnte nicht ewig so weitergehen.
Betriebshelfer fährt Traktor
Zwei Wochen nach dem Unfall stellte sie einen Betriebshelfer ein. Der 25-jährige Alois Aderer fuhr fortan Traktor und kümmerte sich um Wald und Felder. „Und ich war für den Stall zuständig“, sagt die Landwirtin. Mit Kälbern und der Arbeit im Büro kannte sie sich aus.
Von Fleckviehzüchten hatte sie jedoch keine Ahnung. „Da musste ich mich ganz auf den Besamer und den Zuchtverband verlassen“, sagt sie. „Und beide haben mir zum Glück sehr geholfen.“ Das ist jetzt acht Jahre her. Trost und Kraft kam auch von anderer Seite.
Beten und reden gegen den Kummer
Karin Mayerhofer schließt die Stalltür, tauscht ihre Gummistiefel gegen Turnschuhe und geht zur Kapelle.
Das kleine Gotteshaus steht mitten auf dem Hof. Als ihr Mann im Koma lag, war sie oft dort.
„Ich habe viel gebetet“, sagt die Milchviehhalterin. Zudem half ihr eine Psychotherapeutin mit dem Schmerz umzugehen.
„Reden macht das Herz leichter", sagt sie.
Zurück ins Leben: Landwirt erholt sich

Acht Wochen nach dem Unfall wachte Sepp Mayerhofer in der Reha in Bad Griesbach auf. „Ich konnte weder reden noch laufen“, sagt er. Doch er erholte sich. Erst kam der Rollstuhl, dann der Rollator.
Am 1. Juni 2011 durfte er nach Hause. Mittlerweile arbeitet der 56-Jährige wieder. „Aber ich brauche mehr Pausen als früher und auf dem linken Ohr bin ich taub“, sagt er. So schlimm wie der Unfall war, so glücklich macht er Karin Mayerhofer heute. „Die Krise hat mir gezeigt, wie wichtig Familie und Freunde sind“, sagt die Landwirtin. „Und ich habe beides.“
Weitere Themen, wie zum Beispiel eine Marktübersicht über Serviceverträge bei Melkrobotern, finden Sie in der Juniausgabe des agrarheute Rinderspecials.