Milch aus Sonnenstrom: Ein Landwirt erzählt

©
Jakob Berr
Franz-Xaver Demmel bewirtschaftet zusammen mit seinen Eltern, Franz-Xaver und Gerlinde Demmel, den Huabahof im Königsdorfer Ortsteil Schönrain in Oberbayern. Sie halten 75 Milchkühe und 75 Stück weibliche Nachzucht. Auf dem Bild (v.l.n.r): Franz-Xaver junior, Gerlinde und Franz-Xaver senior.
Spaltenböden, die Emissionen reduzieren, Liegeboxen im Laufhof und ein elektrisch betriebener Futtermischwagen – der neue Milchviehstall von Familie Demmel aus Königsdorf in Oberbayern hat viel zu bieten. Sogar umweltfreundlichen Sonnenstrom kann er produzieren.

Amelie Ruhsamer, agrarheute
am Freitag, 22.01.2021 - 11:25
(Jetzt kommentieren)
©
Jakob Berr
Franz-Xaver Demmel bewirtschaftet zusammen mit seinen Eltern, Franz-Xaver und Gerlinde Demmel, den Huabahof im Königsdorfer Ortsteil Schönrain in Oberbayern. Sie halten 75 Milchkühe und 75 Stück weibliche Nachzucht. Auf dem Bild (v.l.n.r): Franz-Xaver junior, Gerlinde und Franz-Xaver senior.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Kuhkomfort wird bei den Demmels großgeschrieben. Besonders seit sie sich 2019 dazu entschieden haben, einen neuen Milchviehstall zu bauen - einige Hundert Meter entfernt vom ursprünglichen Hof. Ihr Ziel: möglichst tier- und umweltfreundlich bauen. "Wir wollen eine möglichst CO²-neutrale Rinderhaltung erreichen", sagt Franz-Xaver senior.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Für die Stallkonstruktion, das Dach und die Fassade haben sie Fichten- und Lärchenholz verwendet. "Das Holz ist ein natürlicher CO2-Speicher", sagt der Landwirt. Die massiven Holzplatten sorgen dafür, dass sich der Stall im Sommer nicht aufheizt. Für einen zusätzlichen Dämmeffekt sorgen Ziegel und Photovoltaikanlagen auf dem Dach.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Der Laufstall ist 55 m lang und 30 m breit. Der First hat eine Höhe von 10,55 m. "Die Lauffläche besteht aus Beton und Gummi", sagt Franz-Xaver junior. Unter dem Stallboden befinden sich Gummiklappen mit einem schmalen Schlitz. "Nur wenn Gülle kommt, macht der Schlitz auf." Danach zieht sich der Gummi wieder zusammen. So können nur wenig Emissionen vom Güllekanal in den Stallraum gelangen.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
"Laut dem Hersteller Anders Beton kann der Spaltenboden bis zu 60 Prozent der Ammoniak-Emissionen reduzieren", sagt der Landwirt. Ganz billig war das nicht. Insgesamt hat der Bodenbelag 90.000 Euro gekostet. Ein Spaltenroboter reinigt die Spalten und trägt dazu bei, dass die Klauen der Kühe gesund bleiben. Pedometer messen die Bewegungsaktivität der Tiere.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Das Melken übernehmen zwei Roboter. "Seit wir im März 2020 in den neuen Stall eingezogen sind, geben unsere Kühe im Schnitt 300 l mehr Milch am Tag", sagt Gerlinde Demmel. Auch die Zellzahlen haben sich verbessert. "Im alten Stall waren wir bei 130.000 Zellen/ml; mittlerweile sind wir bei 100.000 Zellen/ml." Im vergangenen Jahr hatten die Landwirte keine Kuh mit Mastitis.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Seit dem Umzug in den neuen Stall haben die Demmels auch weniger Probleme mit Kälberkrankheiten. "Das hängt damit zusammen, dass die Kälberiglus im Stall stehen", sagt die 45-Jährige. Der Vorteil: Die Kälber kriegen keine Zugluft ab. Wie gesund die Tiere sind, zeigt sich auch am Antibiotikaverbrauch. "Wir setzen Antibiotika im Schnitt nur einmal im Monat ein."
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Ab der vierten Lebenswoche dürfen die Kälber raus ins Freie. Der Auslauf ist 15 m lang und 4 m breit. Um ihre Tiere vor Lärm und Abgasen zu schützen, gehen die Demmels noch einen Schritt weiter. "Bei uns fahren alle Maschinen am Hof elektrisch, bis auf die Traktoren", sagt Franz-Xaver junior. Dazu gehören ein E-Hoflader, ein E-Radlader und ein E-Futtermischwagen.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Den benötigen Strom produzieren die Demmels fast ausschließlich selbst. Die 214-kWp-Photovoltaikanlagen (PV) auf dem Laufstall und der Bergehalle machen es möglich. Ein stationärer Lithium-Ionen-Akku speichert den Sonnenstrom und verteilt ihn je nach Bedarf auf die Maschinen und Geräte. Die Batterie hat 120.000 Euro gekostet.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
"Den meisten Strom verbrauchen die Melkroboter, rund 20 kWh am Tag", sagt Franz Xaver senior. Viel Energie benötigen zudem die LED-Beleuchtung, die Seitenjalousien und das Milchtaxi. Auch die Milch kühlen die Demmels mit Sonnenstrom. Das geht mit einem Eisspeicher. "Er kann die Milch zwei Tage lang ohne Strom kühlen, also für vier Melkungen."
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Am Tag verbrauchen die Demmels rund 150 kWh Strom . Auf das Jahr gerechnet sind das 50.000 kWh. Insgesamt können die PV-Anlagen 216.000 kWh Strom produzieren. "Die 164.000 kWh Strom, die wir nicht selbst verbrauchen, speisen wir in das öffentliche Netz ein", sagt der Landwirt. Dafür bekommen sie 8 Cent/kWh. Der Haken: Der Zukauf von Strom kostet 28 Cent/kWh.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Für die Demmels ist es deshalb sinnvoller, den eigenen Strom selbst zu nutzen. Bislang kann der stationäre Akku aber nur 137 kWh speichern. Er kann knapp 24 Stunden ohne Strom überbrücken. Danach wird es eng. Dann kaufen die Landwirte Strom aus dem öffentlichen Netz zu. "Seit wir den Speicher im Juli 2020 in Betrieb genommen haben, ist uns das nur an zwei Tagen passiert."
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Um solche Engpässe zu vermeiden, wollen die Demmels künftig die landwirtschaftlichen Maschinen als mobile Speicher nutzen. Bislang ist das technisch noch nicht möglich. In Zukunft will die Familie auch einen elektrisch betriebenen Schlepper, den E-Prototyp von Fendt mit 70 PS, anschaffen. "Wenn der Traktor im Stillstand Geld als Stromspeicher verdient, ist er schneller rentabel", sagt Franz-Xaver senior.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
Die Familie hofft, dass in Zukunft auch andere Landwirte auf den E-Zug aufspringen. Ihre Vision ist es, ein regionales Energienetz aufzubauen. Sie hatten jüngst ein 10.000-Höfe-Programm im Landtag vorgestellt, bei dem ein Teil der bayerischen Bauernhöfe zu Energiehöfen hätte umfunktioniert werden sollen. Die Idee: Die Höfe könnten zusammen bis zu 2.500 MW Strom erzeugen.
Mehr lesen
©
Jakob Berr
"So könnten wir die Netzlastspitzen der Strombetreiber stabilisieren", sagt Franz-Xaver senior. Die Politik stellt sich jedoch bislang quer. Trotzdem wollen die Bauern dranbleiben. "Schließlich möchten wir die Landwirtschaft verbessern." Die Gesamtkosten für den Stallbau wollen die Demmels nicht beziffern. Nur so viel: "Finanziell ist der neue Stall schon eine Belastung."
Mehr lesen
©
Jakob Berr
"Wir haben mehrere, große Kredite aufgenommen", sagt Franz-Xaver senior. "Der Stallbau war nur möglich, weil wir nebenbei noch erfolgreich ein Ingenieurbüro betreiben." Er geht davon aus, dass sich die Kosten erst in 25 bis 30 Jahren amortisiert haben. "Aber das war es uns wert. Für unsere Tiere und die Umwelt."
Mehr lesen
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.