Jetzt ging es am Ende doch schnell. Nach langen und schwierigen Verhandlungen steht das Modul QM+, in dem die Bedingungen und Auflagen für die Einführung des Haltungsstufe 2 in der Milchviehhaltung festgehalten sind.
Der Lebensmitteleinzelhandel will damit im neuen Jahr durchstarten. Für die teilnehmenden Landwirte soll es einen Aufschlag von 1,2 Cent pro kg Milch geben. Über den Stand der Dinge berichtete Klaus Rufli, Projektleiter bei QM Milch, im Rahmen eines Infotreffens des Verbands der Milcherzeuger Bayern (VMB).
Ab 2022 soll das neue Logo QM+ in Verbindung mit der „Haltungsstufe 2“ auf Milchprodukten abgedruckt werden. Vorerst aber nur auf den Eigenmarken des Handels. „Der LEH erwartet das von den Molkereien. Das Programm soll im ersten Quartal 2022 starten“, erklärt Rufli. Die Stufe QM+ baut auf QM auf und beinhaltet zusätzliche Tierwohlkriterien. Weitere Ausbaustufen sollen folgen. Das wären dann die erweiterten Module QM++ und QM+++.
Wie funktioniert QM+ Milch in der Praxis?
In der Praxis soll die Umsetzung wie folgt aussehen: Die Molkereien schließen mit QM Milch, dem Systemgeber, einen Vertrag. Die teilnehmenden QM-Betriebe werden in der QS-Datenbank zusammengeführt und zertifiziert. Eine Zertifizierung wird es auch für Molkereien geben, die jährlich überprüft werden. Es gilt dabei die sogenannte Nämlichkeit: Die Molkereien müssen über die Nachverfolgbarkeit sicher stellen, dass wirklich nur QM-Milch in den Produkten landet.
Bei den Haltungsformen verwies Rufli auch auf den Internetauftritt www.haltungsform.de. Auf dieser Plattform steht für die Haltungsstufe 2 für Milchkühe:
- Platz: Tier-Liegeplatzverhältnis 1:1; über 350 kg mindestens 4 m² pro Tier.
- Haltung: Laufstallhaltung oder Weidegang, keine Anbindung.
Hier wird wohl noch die Kombihaltung mit aufgenommen werden müssen. Denn die Kombihaltung wurde nach zähen und langen Verhandlungen in der Haltungsstufe 2 aufgenommen. Das bestätigt auch Rufli. Für die Teilnehmer des Programms wurde inzwischen ein Handbuch zusammengestellt. Am Besten zu finden mit der Google-Suche: VMB, QM+.
Diese Kriterien muss Milch für QM+ einhalten

Was ebenfalls bereits vorliegt, ist der entsprechende Leitfaden dazu. Sie finden ihn online unter www.qm-milch.de unter der Rubrik Zusatzmodul QM+. Bis heute (29.12.) steht dieser 20 Seiten lange Leitfaden allerdings noch als Entwurf im Internet.
Als Auflagen festgehalten sind darin:
- Jeder Tierhalter hat seinen Bestand durch einen Tierarzt betreuen zu lassen. Das Betreuungsverhältnis muss durch einen schriftlichen Vertrag vereinbart sein.
- Der Tierhalter muss am Antibiotikamonitoring teilnehmen.
- Der Tierhalter muss am indexierten Schlachtbefunddatenprogramm teilnehmen. Die Befunderhebung erfolgt nach den Vorgaben des QS-Leitfadens. Die Teilnahme ist im Laufe des Jahres 2022 geplant.
- Fortbildung: Ein verantwortlicher Mitarbeiter des Milcherzeugerbetriebes (z.B. Herdenmanager, Betriebsleiter) muss einmal je Kalenderjahr an einschlägigen, fachspezifischen Weiterbildungsmaßnahmen zur Rinderhaltung teilnehmen.
- Kombihaltung: Sofern die Tiere in Anbindung gehalten werden, müssen sie sich an mindestens 120 Tagen im Jahr mindestens zwei zusammenhängende Stunden pro Tag bewegen können. Die Bewegung kann durch Weidegang, durch Zugang zu einem Laufhof oder auch durch Zugang zu einer Bewegungsbucht erreicht werden. Die Bewegungsfläche muss pro Tier mindestens 4,5 m2 betragen und aus einer mindestens 16 m2 großen, zusammenhängenden Fläche bestehen.
- Jeder Stall muss Tageslichteinfall haben, wobei das Licht möglichst gleichmäßig in den Tierbereich einfallen soll. Bei Stallhaltung muss die Beleuchtungsintensität und -dauer für die Tiere angemessen sein. Bei einem nicht ausreichenden Lichteinfall muss der Stall entsprechend zusätzlich künstlich beleuchtet werden.
- Die Luftverhältnisse müssen im gesamten Stall für die Tiere angemessen sein. Fenster und Zuluftöffnungen müssen, außer bei widrigen Witterungsverhältnissen, geöffnet sein. Anzeichen für unzureichende Luftverhältnisse wie Schwitzwasser, stechender Geruch o.ä. dürfen nicht auftreten.
- In Laufställen müssen alle Tiere gleichzeitig liegen können. In Liegeboxenlaufställen muss jedem Tier eine Liegebox zur Verfügung stehen (Tier-Liegeplatzverhältnis 1:1). In der Milchviehhaltung (inklusive Trockensteherhaltung) muss in einem Laufstall ohne Liegeboxen die uneingeschränkt nutzbare Fläche (Liege- und Lauffläche) bei über 350 kg mindestens 4 m2/Tier betragen.
Zusätzliche Kosten für Milchviehhalter durch Audits
Zu diesen Kriterien gibt es noch weitere Auflagen im Bereich Kälberhaltung, Aufzucht, Sauberkeit der Tiere, Scheuermöglichkeiten, weiche Liegeflächen, Verödung von Hornanlagen, Eutergesundheit und Regeln für die Abkalbebucht.
Ergänzend hinzu zählen muss der Erzeuger auch die Auditkosten (Überprüfung im 18-Monatsrythmus). Diese Kosten belaufen sich auf 0,8 Euro pro Tonne Jahresmilchmenge. Die zusätzlichen Kosten für die Molkereien (getrennte Erfassung, Audits) übernimmt der Lebensmitteleinzelhandel (LEH).
Für die neuen Auflagen für QM+ zahlt der Handel einen Aufschlag von 1,2 Cent pro kg Milch. Berechnet wurden die Kosten anhand eines 85-Kuh-Betriebs. Die bäuerliche Vertretung Bayerns kämpfte aufgrund höherer Kosten für kleinere Strukturen im Freistaat für eine andere Bemessungsgrundlage. Die Berechnungsgrundlage 85 Kühe stellt bereits einen Kompromiss dar.
Handel wälzt Vermarktungsrisiko auf Bauern und Molkereien ab
Im neuen System zeigt sich die Macht des Lebensmitteleinzelhandels: Die 1,2 Cent werden nur für die Milch bezahlt, die über den Handel tatsächlich mit der neuen Auslobung „Haltungsform 2“ verkauft wird.
Soll heißen: Wenn eine Molkerei zu viel QM+ Milch hat, wird die Menge, die nicht abgesetzt wird, auch nicht mit einem Aufschlag bezahlt. Das kann schnell zu großen Problemen führen. Ein Beispiel: Kann eine Molkerei nur 50 % der QM+ Milch verkaufen, verbleiben im Auszahlungstopf nicht 1,2 Cent pro kg Milch für die teilnehmenden Betriebe, sondern rein rechnerisch eben nur 0,6 Cent. Wie Rufli erklärte, wird zu Beginn „entweder zu viel, oder zu wenig Milch da sein.“
Im Rahmen von QM Milch wurde auch eine weitere Handelsvereinbarung getroffen. Der Lebensmitteleinzelhandel will, dass auch die Molkereien ihre eigenen Marken auf die Kennzeichnung nach Haltungsformen umstellen. Für diese Umstellung gibt es laut Rufli aber noch Gesprächsbedarf.
Dieser Artikel ist zuerst auf der Internetseite des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts erschienen.
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