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Milchproduktion

Milchmarkt III: Die Rolle der Molkereien

am Mittwoch, 02.01.2013 - 14:30 (Jetzt kommentieren)

Kiel - Seit 2006 schwanken die Preise am Milchmarkt heftiger als je zuvor. Dies ist das Resultat der 2004 eingeleiteten Reformen. In einer mehrteiligen Serie erklären wir Ihnen die Hintergründe des Milchmarktes.

Mit einer breiten Produktpalette können Molkereien einen Ausgleich zwischen temporär besseren und temporär schwächeren Verwertungen herbeiführen, berichtet Erhard Richarts vom ife, Institut für Ernährungswirtschaft Kiel, im Dairy newsletter.
 
Denn die einzelnen Teilmärkte reagieren in unterschiedlichem Tempo auf die sich ändernde Marktlage: Am schnellsten ist der Spotmarkt, der aber nur einen winzigen Teil des Gesamtmarktes darstellt, gefolgt von Magermilchpulver und Butter, die immerhin 20 Prozent (%) der Fett- und 10 % der Eiweißverwertung darstellen.

Milchpreise schwanken weniger stark wie der Kieler Rohstoffwert

Langsamer reagieren Hart- und Schnittkäse sowie Trinkmilch. Zuweilen ist es vorgekommen, dass letztere noch anzogen, während der Spotmarkt und Magermilchpulver und Butter schon nachgaben; z. B. im Herbst 2007. Umgekehrt war es dann im Frühjahr und Sommer 2012. Daher schwanken die Milchpreise nicht so stark wie der Indikator Kieler Rohstoffwert. Doch schwanken sie auch im Produktmix seit 2006 so heftig, dass in Zeiten niedriger Preise viele Erzeuger in Schwierigkeiten gekommen sind.

Konstante finanzielle Verpflichtungen trotz schwankender Milchpreise

Die meisten Probleme haben die landwirtschaftlichen Unternehmen mit konstanten finanziellen Verpflichtungen in Form von Zins- und Tilgungsraten sowie Löhnen für Fremdpersonal. Auch war man auf den Niedergang der Milchpreise von 2008/09 vielfach nicht oder nur unzureichend vorbereitet, weder bei Molkereien noch bei Erzeugern, weil man Ähnliches vorher nie erlebt hatte. Bei den Molkereien folgte auf die Ereignisse von 2008/09 eine neue Fusionswelle. Je größer ein Unternehmen ist, umso eher kann es die Vorteile von Risikominderung durch Produktmix mit Kostenminimierung kombinieren.

Was Molkereien zusätzlich tun könnten

Doch können die Molkereien noch mehr tun, um in ihre Einnahmen vom Markt mehr Kontinuität hineinzubringen. In anderen Märkten haben sich in Europa Warenterminbörsen etabliert. Sie werden zur Absicherung genutzt, auch für Agrarerzeugnisse wie Getreide, Kartoffeln, Ölsaaten und Sojaprodukte. In Europa ist vor allem die EUREX, ein Tochterunternehmen der Frankfurter Börse, auf diesem Gebiet tätig. Im Milchsektor bietet sie schon seit geraumer Zeit sogenannte Futures, das sind Terminkontrakte, für Magermilchpulver und Butter sowie neuerdings auch für Molkenpulver an.

Mit Futures lässt sich der Wert der Rohmilch absichern

Mit Terminkontrakten für Magermilchpulver und Butter lässt sich auch der Wert von Rohmilch nach dem Muster des Kieler Rohstoffwertes absichern. Die Resonanz ist allerdings bisher gering. Dies ist umso erstaunlicher, als viele Abnehmer vor allem in der Ernährungsindustrie sehr stark daran interessiert sind. Sie kennen es auch von anderen Märkten wie Zucker, Getreideerzeugnissen und Soja und arbeiten damit. Und diese Unternehmen sind, ebenso wie viele Landwirte, an relativ stabilen Preisen interessiert, und zeigen sich vielfach über das geringe Interesse der Molkereien enttäuscht.

In den USA ist das Termingeschäft mit Milch an der Tagesordnung

Anders ist die Situation in den Vereinigten Staaten. Hier ist man das Geschäft mit Futures über Milch und Milchprodukte längst gewohnt. Auch dort ist die Milchwirtschaft zu großen Teilen genossenschaftlich organisiert. Und sie ist ebenso wie die Ernährungsindustrie nicht interessiert, aus kurzfristigen Schwankungen Vorteile zu ziehen, weil damit auch hohe Risiken verbunden sind. Spekulationsgeschäfte gehören schließlich nicht zum Geschäftsmodell von Genossenschaften. Das schließt aber nicht aus, dass sie dort in Form der Futures Geschäfte fern des physischen Marktes tätigen, um die Einnahmen dieses physischen Marktes abzusichern. Denn ihr Auftrag ist die Förderung ihrer Mitglieder, wozu auch die Absicherung von Markt-und Preisrisiken, eben genau das Gegenteil von Spekulation gehören dürfte.

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