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Genetik

Milchviehhaltung: Rasse und Futter beeinflussen Fettsäuremuster

Finnische Kühe im Stall
am Freitag, 02.11.2018 - 05:00 (Jetzt kommentieren)

Unterscheidet sich die Fettsäurezusammensetzung der Milch zwischen verschiedenen Rassen? Dieser Frage ging eine Untersuchung auf finnischen Betrieben nach und zeigte unter anderem, welche wichtige Rolle das Futter spielt.

Fettsäuren in der Milch werden nicht nur von Haltung und Fütterung, sondern auch von der Rasse beeinflusst. Der genetische Einfluss liegt bei etwa 25 Prozent. Allerdings variiert er bei den einzelnen Fettsäuren stark.

Kurz- und mittelkettige Fettsäuren können von der Kuh in Symbiose mit den Pansenmikroben weitestgehend selbst erzeugt werden. Deswegen liegt die Vererbbarkeit dieser Fettsäuregruppen bei etwa 40 Prozent. Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren müssen über das Futter aufgenommen und im Pansen zerlegt werden. Sie werden im Verdauungssystem und in der Milchdrüse neu zusammengesetzt. Hierdurch werden Futter-Rasse-Wechselwirkungen für die Produktion von Milch mit hohem Anteil an ungesättigten Fettsäuren interessant.

Fettsäurezusammensetzung: Fünf Rassen im Vergleich

Um festzustellen, ob heimische Rassen eine andere Fettsäurequalität als weltweit eingesetzte Milchviehrassen erzeugen, wurde die Milch von fünf Milchviehrassen auf 14 finnischen Praxisbetrieben untersucht. Vorteil der Betriebe in Finnland ist, dass die Unterschiede zwischen extensiv und intensiv wirtschaftenden Beständen geringer sind, als in Mitteleuropa.

Aufgrund der rauen Witterung basiert die Fütterung in jedem Betrieb, unabhängig vom Leistungsniveau, auf Gras und Grassilage. Vier Monate lang wurden Milch- und Futterproben auf den Betrieben genommen. Beteiligt waren drei alte finnische Rinderrassen (Finncattle) und zwei Hochleistungsrassen (Holsteins und Ayrshire).

Sieben Betriebe mit mindestens 2 Rassen

Auf sieben Betrieben wurden mindestens zwei Rassen unter identischen Bedingungen gehalten. Insgesamt nahmen 420 Kühe in 22 Versuchsgruppen an der Erhebung teil. Die Betriebe wurden zu Beginn der Untersuchung aufgrund einer Betriebsleiterumfrage in extensivere und intensivere Betriebe eingestuft. In beiden Gruppen waren moderne und lokale Rassen zu etwa gleichen Teilen vertreten.

Der Großteil der Betriebe wurde konventinoell bewirtschaftet, zum Vergleich wurden auch vier nach Biorichtlinien gefütterte Gruppen mitaufgenommen. Die Milchproben wurden analysiert und unter anderem der Gehalt von 118 Milchfettsäuren im Milchfett bestimmt.

Finncattle: 30 Prozent mehr ungesättigte Fettsäuren

Für die Auswertung wurden die Tiere zunächst in zwei Gruppen eingeteilt: heimische Finncattle und hochleistende Ayrshire und Holsteins. Im Vergleich dieser zwei Gruppen fiel auf, dass es tendenzielle Unterschiede zwischen den Finncattle und den Hochleistungsrassen gab, während die Unterschiede zwischen konventionell und ökologischer Fütterung gering waren. Berücksichtigte man nicht nur die Rasse, sondern auch die Fütterung, traten deutliche Unterschiede bei vielen ernährungsphysiologisch wichtigen Fettsäuren zutage.

So enthielt zum Beispiel die Milch der Finncattle bei extensiver Haltung im Durchschnitt 30 Prozent mehr Omega-3- und ungesättigte Fettsäuren sowie doppelt so viel CLA (konjugierte Linolsäuren). Der Gehalt an gesättigten Fettsäuren war um 8 Prozent niedriger als in der Milch von Kühen der modernen Rassen bei intensiver Fütterung.

Besseres Fettsäuremuster durch hohen Weideanteil

Die Befragung der finnischen Landwirte zeigte, dass das Zusammentreffen von alten Rassen und besserem Fettsäuremuster kein Zufall ist. Halten die Betriebe Finncattle, nutzen sie in der Regel auch einen hohen Weideanteil als Grundfutter. Betriebsleiter, die Hochleistungsrassen melken, waren hingegen nach Auswertung der tatsächlichen Futteraufnahme überrascht, wie gering die Bedeutung des Weidefutters in ihrem Betrieb ist – auch wenn die Kühe den Sommer über täglich auf der Weide sind.

Am Ende der Untersuchung mussten fast alle Betriebe mit Hochleistungsrassen der intensiveren Fütterungsvariante zugeordnet werde. Tatsächlich konnte nur ein Betrieb mit Hochleistungsrasse die Kriterien für extensivere Fütterung erfüllen. Die anderen Betriebsleiter stellten ihren Herden zusätzlich zur Weide eine zu große Portion Grassilage zur Verfügung. Die Grassilageration war doppelt so hoch wie beabsichtigt. Sie stellte somit im gesamten Jahresverlauf den Großteil der Raufutterration.

Fazit der Fettsäureuntersuchung

Der Einsatz heimischer Rassen lohnt sich bei der Produktion von Weidemilch, wenn das Ziel eine Milch mit hohem Gehalt an ungesättigten Fettsäuren ist. Hochleistungsrassen brauchen ein optimales Weidemanagement, um Weidegang als primäre Grundfutterversorgung umzusetzen. Dies kann kaum geleistet werden. Wenn hochleistende Tiere zum Ausgleich Silage und Kraftfutter erhalten, senkt dies den Anteil an ungesättigten Fettsäuren in der Milch.  
Die finnische Studie zeigt, dass es vielfältige Futter-Rasse-Wechselwirkungen gibt, die noch erforscht werden müssen, um Milch mit einem hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren glaubwürdig vermarkten und vor allem wirtschaftlich erzeugen zu können.

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