Laut der Entscheidung des Gerichts hätte der Landwirt um die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Schädigung durch seine Tiere im Bereich um das Almgebäude und das Gasthaus wissen müssen. Eine Umzäunung des Bereichs sei für den Tierhalter eine zumutbare und nicht gravierende Interessen beeinträchtigende Maßnahme gewesen, hieß es in der Begründung.
Das Todesopfer habe wiederum nach Ansicht des Gerichts Warnschilder und Abstandsregeln ignoriert. Als Hundehalterin hätte sie aber über die damit verbundene Gefahren Bescheid wissen und sich dementsprechend verhalten müssen, urteilte das Oberste Gericht.
Vorgeschichte des tödlichen Alm-Unglücks
Das sogenannte Kuhurteil hatte Anfang des Jahres für viel Aufregung gesorgt, wie agrarheute berichtete. Ein Landwirt aus Österreich war damals im ersten Urteil zu 490.000 Euro und später zu 180.000 Euro verklagt worden, weil seine Rinder eine Touristin im Juli 2014 getötet hatten.
Doch jetzt hat das Oberlandesgericht Innsbruck (OLG) ein Urteil der Vorinstanz teilweise korrigiert. Der Grund: Das OLG sehe nicht die volle Schuld beim Landwirt, sondern gehe von einer 50-prozentigen Mitschuld des Opfers aus, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts.
Dies bedeutet, dass dem Ehemann und dem Sohn des Opfers die Ansprüche um 50 Prozent gekürzt werden. Dem Witwer stehen somit rund 54.000 Euro und eine monatliche Rente von 600 Euro zu. Der Sohn bekommt rund 24.000 Euro sowie eine monatliche Rente in Höhe von 180 Euro.
Wanderin hat "sorglos" gehandelt
In dem OLG-Urteil wird betont, dass die Wanderin völlig sorglos gehandelt habe. Die Touristin hätte wissen müssen, dass Mutterkühe eine Gefahr für Hunde und damit zwingend auch für die Menschen, die diese Hunde führen, darstellten.
Außerdem habe die Touristin das Warnschild nicht beachtet und sei sie in einem Abstand von nur ein bis zwei Metern an den Kühen vorbeigegangen. "Diese Vorgehensweise der Touristin ist als Sorglosigkeit zu werten und begründet damit ein maßgebliches Mitverschulden", hieß es in der Pressemitteilung.
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Gericht: Auch Bauer trifft Mitschuld
Dennoch treffe den Bauern auch eine Mitschuld, so das Gericht. Das bloße Aufstellen eines Warnschildes sei nicht ausreichend gewesen. Vielmehr hätte er die Weide am Wanderweg zumindest auf einer Länge von 500 Meter abzäunen müssen.
So hätte der Landwirt „die von seinen Tieren ausgehende Gefahr für nichtsahnende Wanderer mit Hunden verringern, wenn nicht sogar auszuschließen können“, hieß es. Außerdem hätte eine Einzäunung den Weidebetrieb des Landwirts nicht beeinträchtigt.
Landwirt will Urteil anfechten
Alle Prozessparteien, also der Bauer und die Hinterbliebenen der verstorbenen Wanderin aus Bad Dürkheim, können die Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck binnen vier Wochen mit einer außerordentlichen Revision bekämpfen.
Der Anwalt des Landwirts kündigte am Dienstag (27. August) an, dies zu tun. Denn es sei für seinen Mandanten überhaupt nicht vorhersehbar gewesen, dass die verstorbene Touristin das Warnschild auf seiner Weide einfach missachte.
Österreich regelt Haftung von Tierhaltern neu
Aufgrund des Vorfalls hat Österreich das Gesetz angepasst. Konkret wurde mit der Gesetzesänderung die Haftung von Viehhaltern neu geregelt. Tierhalter haben nach der neuen Rechtslage mehr Rechtssicherheit, wenn sie bundesweite Standards einhalten.
Das neue Gesetz sieht aber nicht nur die Tierhalter in der Verantwortung, sondern auch Almbesucher. Für sie gelten nun Verhaltensregeln auf Almen und Weiden, die sie einhalten müssen. Dazu gehört unter anderem das Anleinen von Hunden und das Umgehen einer Herde.
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