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Milchproduktion

Quotenende: 'Andienungspflicht verhindert Wettbewerb'

am Donnerstag, 05.03.2015 - 11:00 (Jetzt kommentieren)

Einen Monat vor Ende der Quote startet eine Erzeugergemeinschaft eine Offensive für gerechteren Wettbewerb am deutschen Milchmarkt. Sie fordert eine Reform der Andienungspflicht und verbindliche Kaufverträge.

Die Liberalisierung des Milchmarkts ist eine Chance für die Milcherzeuger, so heißt es. Das sieht nicht jeder so. "Die meisten Erzeuger können durch die Andienungspflicht gar nicht am Wettbewerb teilhaben", so die Kritik des Milcherzeugerverbands MEG Milchboard. Außerdem trügen allein die Milcherzeuger die Risiken des Marktes. Auch wenn das EU-Milchpaket vorsieht, dass Erzeuger durch Zusammenschlüsse mehr Marktmacht erlangen dürfen, mache nur ein geringer Anteil der Landwirte davon Gebrauch.
 
Nun geht der Milcherzeugerverband in die Offensive und fordert u.a. eine Reform der Andienungspflicht und verpflichtende Milchkaufverträge.
 
"Die Landwirte haben sich bisher zu wenig Gedanken gemacht. Die Molkereien hätten ihnen ja zugesagt, dass sie alle Milch abnehmen, die sie liefern. Ob das so sein wird, steht jedoch in Frage.", so der Vorstandsvorsitzende Peter Guhl. "Landwirte und Politik müssen jetzt aktiv werden!" Ein wenig spät kommt der Appell angesichts dem bevorstehenden Ende der Milchquote im April - das muss der Verband zugeben. Allerdings seien Landwirte wie Politik erst mit einer gewissen Dringlichkeit zu mobilisieren, so das Argument.
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1. Flächendeckende Milchkaufverträge

Nach der Quote gibt es keine feste Kalkulationsgröße mehr in Bezug auf die Anliefermenge. Ein Vertragsmodell würde für beide Seiten Planungssicherheit schaffen - für Erzeuger und Abnehmer gleichermaßen. Die Forderung: "Jeder Liter muss per Kaufvertrag im Voraus verkauft sein." Dies solle bundesweit bis spätestens Januar 2016 verpflichtend gelten. Wie dies durchgesetzt werden solle? "Hier muss der Staat in die Pflicht", so die Antwort Guhls. Wie genau, bleibt jedoch unklar. Der Milchkaufvertrag soll vier verbindliche Kriterien erfüllen:
  • Menge
  • Laufzeit
  • Qualität
  • fester Preis (mit Zu- und Abschlägen)

2. Mehr Marktmacht, weniger Preistransparenz

"Das Verhältnis der Milcherzeuger zu den Molkereien ist durch ein Marktungleichgewicht zu Gunsten der Molkerein gekennzeichnet.", zitiert das Milchboard das Bundeskartellamt in ihrem Forderungspapier. Der Gesetzgeber habe auf das Ungleichgewicht mit dem Argarmarktstrukturgesetz regiert und die Möglichkeit für Landwirte geschaffen, sich zu Erzeugergemeinschaften zusammenzuschließen.
 
Bisher sei in dieser Richtung nicht viel passiert, so das Fazit. Nur ein geringer Teil der Erzeuger habe sich in Zusammenschlüssen organisiert. Ein Problem sei nach Ansicht Guhls zudem die Preistransparenz. Die Preisfindung der Molkereien orientiere sich nicht an der Verwertung, sondern am Preis der Nachbarmolkerei. Daher die Forderung an das Kartellamt, diese Praxis am Milchmarkt zu unterbinden.
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3. Reform der Andienungspflicht

Die MEG Milchboard sieht nach dem Wettbewerbsrecht einen dringenden Handlungsbedarf. "Mit der Andienungspflicht wird der Markt ausgehebelt. So ist kein Wettbewerb möglich.", argumentiert Guhl. Die Praxis der Andienungspflicht sei längst überholt und verhindere eine Milchpreisfinung nach allgemein geltenden Marktgesetzen. Daher fordert die MEG Milchboard eine Reform der genossenschaftlichen Andienungspflicht. "Das Aufgeben der Andienungspflicht gefährdet dabei nicht die Existenz der Molkereiwirtschaft, wie von dieser oft behauptet. Schon heute fixiert sie die Versorgung mit anderen Produktionsmitteln wie Zucker, Energie und Verpackungsmaterialien vertraglich."
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4. Dialog mit allen Parteien am Milchmarkt

"Obwohl der Verbraucher laut Umfragen durchaus bereit wäre, mehr für hochwertige Lebensmittel zu zahlen, nutzt der Lebensmitteleinzelhandel jede Schwäche am Milchmarkt zu Preissenkungen." Nach Ansicht des Erzeugerverbands müsse es daher einen stärkeren Dialog zwischen allen beteiligten Parteien am Milchmarkt geben. Hierzu zählten auch der Handel und die Verbraucherorganisationen. Im EU-Milchpaket sei dazu das Instrument der Branchenorganisation verankert. Dies sei bisher kaum geschehen. Daher der Appel an die Bundesregierung den Aufbau einer Branchenorganisation politisch zu fördern und zu moderieren.
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"Jetzt aktiv werden!"

Mit ihrem Forderungskatalog "Road Map - Fahrplan für die Zeit nach der Quote" will die MEG Milchboard nun verstärkt an Poltitk und Öffentlichkeit herantreten. Es habe schon Gespräche mit Agrarministern wie Till Backhaus gegeben, die Unterstützung signalisiert hätten, erklärt Guhl. "Auf die Agenda der nächsten Agrarministerkonferenz im März werden wir es wohl nicht mehr schaffen, aber wir sind zuversichtlich, dass wir Gehör finden.", so Guhl.
 
Aber auch die Bauern seien jetzt gefordert aktiv zu werden und sich Gedanken um die Vermarktung ihrer Milch zu machen. Insbesondere große Genossenschaften würden kaum alle Vermarktungsmöglichkeiten nutzen und zu eine geringe Wertschöpfung erzielen. "Eine von uns in Auftrag gegebene Studie bestätigt unseren Verdacht, dass insbesonder große Genossenschaften eine geringe Wertschöpfung erzielen." Zudem landeten die Gewinne nicht bei den Landwirten, sondern würden zum Großen Teil für die Rücklagenbildung verwendet.

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