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Rindergesundheit

Rinder impfen und nachbehandeln: Wie macht man es richtig?

Unter bestimmten Umständen darf ein Tierhalter Impfstoffe oder Medikamente
im Eigenbestand anwenden. Doch dabei gibt es einiges zu beachten.

am Sonntag, 03.09.2023 - 05:00 (Jetzt kommentieren)

Die Voraussetzungen für eine Behandlung sind in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Wer Medikamente selbst bei seinen Tieren anwendet, muss die Mittel vom Tierarzt bezogen haben. Zudem muss der Veterinär den Halter über mögliche Risiken und Impfreaktionen informieren und den Bestand in regelmäßigen Abständen betreuen. Nach Absatz 2 der Tierimpfstoffverordnung (TImpfStV) muss der zuständige Veterinär den Halter regelmäßig beraten, um den Gesundheitsstatus des Bestands zu erhalten oder zu verbessern. Zusätzlich muss der Tierarzt den betreuten Tierbestand mindestens vierteljährlich auf mögliche Tierseuchen untersuchen. Bevor der Tierhalter die Impfung im Bestand zum ersten Mal durchführt, muss der zuständige Veterinär einen Anwendungsplan aushändigen.

Was darf der Landwirt verabreichen?

Landwirten dürfen neben Impfstoffen vom Tierarzt auch Tierarzneimittel überlassen werden, im Rahmen einer ordnungsgemäßen Behandlung und nach vorheriger Untersuchung und Diagnose durch den Tierarzt. Dabei handelt es sich um Arzneimittel, die:

  • im Rahmen einer Behandlung oder zur Nachbehandlung, zur oralen Verabreichung oder zur äußerlichen Anwendung eingesetzt werden,
  • zum Nachbehandeln akut erkrankter Tiere oder Tiergruppen zur subcutanen, intramuskulären, intravenösen, intranasalen und intramammären Anwendung geeignet sind,
  • hierfür freigegeben wurden.

Was ist im Vorfeld zu beachten?

Bevor ein Tier oder eine Tiergruppe behandelt werden soll, gilt es, die Tiere fachgerecht zu fixieren, um Mensch und Tier vor Verletzungen zu schützen. Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass die Hände, die Anwendungsstelle am Tier und die genutzten Gerätschaften sauber sind. Verschmutzte Haut wird vorher trocken gereinigt. Wenn sie zu sehr verschmutzt ist, kann man die Haut rasieren. Keinesfalls sollte man die Stelle feucht reinigen. Auch der Einsatz von Alkohol zum Reinigen ist nicht sinnvoll.

Womit kann ich injizieren?

Neben Einmalspritzen kommen in der Rinderhaltung auch so genannte Revolverspritzen zum Einsatz. Letztere sind teilweise wiederverwendbar. Sie kommen vor allem bei Impfungen zum Einsatz. Soll eine Spritze mehrmals eingesetzt werden, muss sie nach jeder Nutzung gründlich gereinigt und desinfiziert werden. Das erfolgt zum Beispiel mit kochendem Wasser. Neben der Hygiene spielt auch die Rückstandsproblematik eine Rolle. Eine gründliche Reinigung beseitigt auch Medikamentenrückstände. Bei Revolverspritzen sollten die Kanülen regelmäßig ausgetauscht werden. Je nach Anwendung kommen sie je Medikament, Bucht oder Gruppe zum Einsatz. Am besten setzt man Einmalkanülen ein. Verbogene Nadeln oder Nadeln mit Haken sollte man nicht einsetzen, denn so werden dem Tier durch den Einstich unnötige Schmerzen zugefügt.

Injektion wo und wie?

Diese Anleitung soll nicht dazu dienen, die Arbeit des Tierarztes zu machen, sondern nötige Nachbehandlungen in der Praxis besser zu machen. Vor einer ersten Injektion oder auch Blutentnahme muss der Tierarzt einmalig einweisen. Beispielhaft zeigt Tierarzt Dr. Michael Schmaußer von der Tierarztpraxis Freising, wo und wie am besten injiziert wird. Da keine entsprechenden Behandlungen ausgeführt werden mussten, erfolgt die Darstellung mit verkappten Injektoren, um den Tieren keine unnötigen Schmerzen zuzufügen.

1. Subcutan ‒ unter die Haut

Um Wirkstoffe unter die Haut zu spritzen, gibt es vier Stellen bei der Kuh: Injiziert werden kann seitlich am Hals in einem gedachten Dreieck zwischen Nackenband, Schulterblatt und unterer Muskulatur. Eine zweite Stelle befindet sich am Übergang vom vorderen zum mittleren Drittel. Die Begrenzung ist die letzte Rippe. Dabei niemals in den nicht rippengestützten Bauchbereich injizieren.

Die ersten beiden Orte eignen sich auch für Injektionen beim Kalb. Der dritte Ort bei der Kuh liegt zwischen dem Hüft- und dem Sitzbeinhöcker (Kruppenmuskulatur).

Ein weiterer Ort, der nur für eine subcutane Injektion genutzt werden kann, ist die Schwanzfalte. Hier ist die Kuh wenig empfindlich. An dieser Stelle sind die Tiere meist auch sauber.

Wenn man die Stelle bestimmt hat, an der injiziert werden soll, zieht man eine Hautfalte und sticht die Nadel schräg zwischen der Haut und dem darunterliegenden Muskel ein. Der Einstich geht in alle Richtungen. Vorher ist zu prüfen, ob sich die Nadel unter der Haut fühlen und verschieben lässt. Nur dann befindet man sich im lockeren Bindegewebe.

2. Intramuskulär ‒ in den Muskel

Die Einstichbereiche sind für die intramuskulären Injektionen im Prinzip dieselben wie für die subcutanen, mit Ausnahme von Bauchfläche und Schwanzfalte. Dabei wird die Nadel rechtwinklig zur Haut eingestochen. Mittels Ansaugprobe sollte man vorher prüfen, dass kein Blutgefäß angestochen wurde. Es ist langsam zu injizieren.

3. Intravenös ‒ in die Vene

Die intravenöse Injektion erfolgt seitlich am Hals des Tiers in die sogenannte Drosselvene. Euter- und Schwanzvene eignen sich nicht, um größere Mengen zu verabreichen. Die Eutervene wird nicht genutzt, während sich die Schwanzvene zur Blutabnahme eignet.

Vor dem Einstechen muss die Vene mit einer Hand zunächst im unteren Drittel gestaut werden. Auf eine Drosselkette kann man verzichten. Das mindert den Stress beim Tier. Je länger man staut, desto deutlicher zeigt sich die Vene. Wichtig ist dabei, dass man den Kopf vorher auf die Seite gebunden hat. Ist dies nicht der Fall, bekommt man die Vene nicht gestaut. 

Anschließend wird die Kanüle eingestochen. Fließt Blut aus der Nadel, hat man die Vene getroffen und die Spritze kann aufgesetzt werden.

4. Hinter das Ohr

Hinter dem Ohr befindet sich ein platter rechteckiger Knorpel. Unter diesem Knorpel ist ein Fettdepot. Wenn man die Spritze mit einer kurzen Kanüle (25 mm) unterhalb des Knorpels in Richtung gegenüberliegendes Auge ansetzt, sticht man direkt in dieses Fettdepot.

Dieser Ort wird zur Gabe von Weideparasitika genutzt. Hier muss vor dem Injizieren des Wirkstoffs kontrolliert werden, ob man nicht in der Blutbahn ist und das Medikament sicher im Fettdepot landet.

Wie markieren und dokumentieren?

Tiere, die ein wartezeitpflichtiges Arzneimittel erhalten haben, müssen gekennzeichnet werden. Dies geschieht zum Beispiel mit Farbe oder einem Fesselband. Sobald der Tierhalter im Eigenbestand impft, muss er neben der Bezeichnung und der Chargenbezeichnung des Mittels auch die bezogene Menge, den Zeitpunkt, die Art und Anzahl sowie die nähere Bezeichnung der Tiere dokumentieren. Auch der Name der impfenden Person muss klar hervorgehen.

Was tun mit angebrochenen Flaschen?

Was mit angebrochenen Flaschen zu tun ist, hängt vom Medikament ab. Auskunft gibt die Packungsbeilage und es kann per Sinnenprüfung abgeschätzt werden, ob ein Medikament noch eingesetzt werden kann. Das heißt beispielsweise, man prüft, ob sich ein Wirkstoff noch aufschütteln lässt. Grundsätzlich gilt, dass angebrochene Medikamente nach 28 Tagen zu entsorgen sind.

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