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Arbeitsschutz

Schwerer Unfall im Bullenstall: Diese Situationen nicht unterschätzen

Mastbullen im Stall am Futtertisch
am Donnerstag, 24.11.2022 - 11:00 (Jetzt kommentieren)

In Pfaffenhofen wurde ein Landwirt von einem Bullen schwer verletzt. Beim Umgang mit Bullen muss Arbeitssicherheit an erster Stelle stehen. Wir zeigen, worauf Sie achten müssen.

Am Dienstagmorgen (22.11.22) wurde ein Landwirt aus Pfaffenhofen von einem Bullen attackiert und schwer verletzt. Laut Polizeibericht ging der 60-Jährige gegen 8.45 Uhr allein in den Bullenstall, um dort Arbeiten zu verrichten. Dabei griff ihn ein Tier an. Der Mann wurde dabei schwer verletzt, er konnte sich jedoch noch selbst aus der Bullenbox retten und den Notruf absetzen. Die Rettungskräfte flogen ihn aufgrund der schweren Verletzungen mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus.

Laut der Unfallstatistik der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ereigneten sich im Jahr 2021 die meisten Unfälle in der Tierhaltung bei der Arbeit mit Rindern. Neben sieben Todesfällen verzeichnete die SVLFG 4.700 meldepflichtige Unfälle durch direkten Tierkontakt mit Rindern. Im Vergleich dazu waren es in der Pferdehaltung 1.962 und in der Schweinehaltung 424 meldepflichtige Unfälle.

Umgang mit Bullen: Niemals allein

Weiden oder Ställe mit Bullen dürfen Landwirte nur mit Helfern betreten. Dabei müssen sie zudem immer eine Treibehilfe mitführen. Auch ein Hütehund kann hierbei ein Hilfe sein. Gut ausgebildete Hunde ermöglichen es, Rinder so zu treiben, dass zwischen Tier und Mensch eine ausreichende räumliche Distanz gewahrt bleibt. 

Tiersignale sicher erkennen

Zum sicheren Umgang mit Bullen gehört auch, dass jede Person, die mit den Tieren umgeht, die Signale der Bullen richtig deuten kann. Immer wieder berichten Landwirte nach einem Angriff durch beispielsweise einen Deckbullen, dass dieser bis zum Angriff zahm gewesen und aus dem Nichts aggressiv geworden sei. Tatsächlich zeigen sich vor einem Angriff aber häufig Verhaltensauffälligkeiten. Erste Anzeichen dafür können zum Beispiel sein:

  • der Bulle stellt sich zwischen Herde und Landwirt,
  • er stellt sich breit und senkt den Kopf.

Es ist für alle Mitarbeiter überlebenswichtig, das Tier immer im Blick zu behalten, seine Verhaltensweisen richtig zu erfassen und dementsprechend zu handeln, um Stresssituationen für den Bullen zu verringern und um einen Angriff vorzubeugen.

Wenn Rinder auffällige Verhaltensweisen zeigen, ist der Landwirt im direkten Umgang mit den Tieren gefordert, sein Verhalten anzupassen und Druck bon den Tieren zu nehmen. Tut er das nicht, muss er mit einem eskalierenden Aggressionsverhalten rechnen, das sich in den aufeinanderfolgenden Verhaltensmerkmalen zeigt: 

  • Kopfschütteln, Ohrenschlagen, Schwanzpeitschen,
  • Scharren, Herausstrecken der Zunge, Speichelfluss,
  • Röhren, Schnauben, Aufreißen der Augen,
  • Sprung nach vorne mit gesenktem Kopf. 

Ein verantwortlicher Umgang ist also nur möglich, wenn technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen und an das Tierverhalten angepasste Arbeitsweisen eingehalten werden.
 

Bullenmast: Treibehilfen nutzen

In Bullenmaststall sollten Treibehilfen installiert werden. Hierbei gibt es viele Möglichkeiten, diese an die betrieblichen Gegebenheiten des jeweiligen Stalls anzupassen:

  • In Altgebäuden kann statt eines Treibegangs ein Treibgestell genutzt werden. Dieser mechanische Bullentreiber eignen sich zum Anbau an den Frontlader, sodass die Tiere sicher aus der Kabine des Schleppers getrieben werden können. Ein Schnellwechselrahmen sorgt für schnelles An- und Abbauen des Gestells. Durch die Hydraulikbetätigung kann das Treibschild jeweils nach links oder rechts in eine Mastbucht eingeschoben werden, um die Bullen herauszutreiben.
  • Auch in Ställen mit Treibegängen kann ein Treibeschild eingesetzt werden, um Mastbullen aus den Buchten zu treiben, ohne dass eine Person zu den Tieren gehen muss. 
  • Mithilfe von Schwenkgattern, die über der Mastbucht angebracht sind, kann mit dem Herunterklappen der Gatter ein Treibegang im vorderen Bereich der Bucht erstellt werden. Wird der Treibgang nicht mehr benutzt, können die Gatter einfach wieder nach oben geklappt werden und die Tiere haben wieder Zugang zum Futtertisch.
  • Auch Fangfressgitter können sich auf einigen Betrieben als hilfreich erweisen. Sie bieten sich vor allem auf Betrieben an, in denen häufig einzelne Tiere zum Beispiel zum Schlachten ausselektiert werden müssen. Außerdem kann es genutzt werden, um Tierbehandlungen sicher durchzuführen.

 

Mitarbeiter und Helfer im Umgang mit Bullen schulen und schützen

Wer mit Bullen umgeht, muss sich immer bewusst sein, dass das Tier unvorhergesehen reagieren kann. Auch Tiere, die von klein auf im Betrieb sind, können zu einer Gefahr für den Menschen werden.

Mit zunehmenden Alter des Tiers steigt auch die Gefahr, dass sich die Verhaltensweise ändert. Bullen, die ihr Verhalten ändern und aggressiv werden, müsse umgehend aus dem Betrieb entfernt werden.

Der Landwirt muss sicherstellen, dass alle Mitarbeiter und sonstige Helfer im Betrieb im Umgang mit Bullen ausreichend unterwiesen sind und die Sicherheits- und Verhaltensmaßnahmen kennen.

Beim Umgang mit Zuchtbullen auf Sicherheitsabstand achten

Werden auf einem Betrieb Zuchtbullen gehalten, dürfen sie nur mit einer Leitstange und einem Halfter geführt werden. Beim Führen durch Türöffnungen und in engen Gängen ist darauf zu achten, dass die führende Person vor dem Bullen geht. Sonst besteht die Gefahr, dass sie eingequetscht wird. 

Sichtig ist auch, dass der Leitstrick nicht um die Hand gewickelt wird. Leitstange und Führstrick müssen außerhalb der Box befestigt und gelöst werden. 

Bullen, die zur Zucht eingesetzt werden, müssen spätestens im Alter von zwölf Monaten einen Nasenring eingezogen bekommen. Dieser muss aus nicht rostfreiem Stahl sein. Der Bulle darf jedoch an diesem Ring nicht angebunden werden. 

Mit Material von augsburger-allgemeine.de, SVLFG

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