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Milchproduktion

Sehr geehrte Frau Aigner!

am Sonntag, 30.08.2009 - 09:58 (Jetzt kommentieren)

München - Vergangene Woche haben Sie mit einem wahrhaft grandiosen Vorschlag von sich Reden gemacht: dem freiwilligen "Milchzehnerl". Ist das Ihr Ernst?

Als die Nachricht "Ilse Aigner wirbt für ein freiwilliges Milchzehnerl" vergangene Woche in unserer Redaktion die Runde machte, wanderte mein erster Blick Richtung Kalender. 1. April? Nein, Sie meinten es ernst.

In der "Mittelbayerischen Zeitung" schlugen Sie tatsächlich ein "Milchzehnerl" vor. Zehn Cent könnten auf jedes Milchprodukt aufgeschlagen und von den Verbrauchern freiwillig gezahlt werden, um Bauern in der Region zu helfen. Verbraucher sollten einen Aufkleber auf das Milchprodukt kleben, für das sie freiwillig mehr zahlen wollten.

"Wir brauchen dazu einen Handelspartner, der das 'Milchzehnerl' dann auch ausschließlich an diejenigen Bauern weiterleitet, die sich an ihre Milchquote halten", sagten Sie ganz optimistisch.

Handelspartner werden schwer zu finden sein

Nun, diesen Handelspartner werden Sie kaum finden. Und Verbraucher, die mehr für ihr Milchprodukt zahlen und dadurch die heimische Landwirtschaft unterstützen wollen, greifen bereits jetzt gezielt auf Markenprodukte zu, die das garantieren. Wer sollte überhaupt den ganzen Verwaltungsaufwand zahlen? Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie ernsthaft glauben, Ihr "Milchzehnerl" wäre in die Realität umsetzbar. Doch was hat Sie dann dazu bewogen, mit solchen Ideen an die Öffentlichkeit zu gehen? Wahlkampftaktik, Imagegewinn?

'Milchzehnerl' bringt Imageschaden

Ihrem Image bei den Milchbauern dürfte die Idee eher geschadet haben, wie der Beitrag von Gabriel Goetze, einer unserer User, zeigt: "Wenn die Politik ihre Hausaufgaben machen würde, bräuchte sie solche seltsame Ideen nicht zu produzieren. Schade, dass von einer Landwirtschaftsministerin nichts besseres kommt."

Besser für sinnvolle Vorschläge engagieren

Einen weiteren Aspekt bringt "Kuhmann" ins Gespräch: "Wann begreift endlich jeder, dass die schlechten Milchpreise nicht allein mit der billigen Trinkmilch zusammenhängen. Nur knapp 40 Prozent werden als Konsumentenprodukte direkt an den Verbraucher verkauft. Der Rest geht in die Industrie." Engagieren Sie sich doch lieber für echte Milchprodukte im Eis und gegen Pflanzenöl-Zubereitung als Käseersatz auf Fertigpizzen. Oder für Molkereien, die fit für den Markt sind.

Ob Vorruhestandsregelungen, Einfrieren der Milchquote, Freiwillig verpflichtende Mengenstillegung gegen Vergütung oder Marktsteuerungsinstrumente - es gibt viele Vorschläge, Wege aus der Milchkrise zu finden. Welcher davon der "Goldene Weg" ist - schwer zu sagen. Aber das "Milchzehnerl" liegt sicher abseits dieses Weges.

Ihr Vorschlag, Frau Aigner, war mit Sicherheit gut gemeint - aber weder Ihnen noch den Bauern sonderlich hilfreich.

Beste Grüße aus München

Eva Ziegler

Redakteurin

agrarheute.com
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80797 München
Telefon + 49/89/12705-580
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