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Milchviehhaltung der Zukunft

Stallneubau für 42 Kühe: Mit Laufstall und Melkroboter in die Zukunft

Der neue Stall bietet Platz für 42 Stück Milch- und 25 Stück Jungvieh. Außerdem steht den Kühen ein Außenauslauf zur Verfügung.
am Freitag, 21.04.2023 - 11:37 (Jetzt kommentieren)

Familie Büchl-Kiening investiert in einen neuen Milchviehstall, der sich in die betriebseigene Kreislaufwirtschaft bestens integriert. Von Tierwohl bis Zuchtfortschritt – das Gesamtpaket passt für die Milcherzeuger und Almbauern.

Am Schlemmhof freut man sich über das neue Zuhause der Fleckviehherde: (v. l.) Die Großeltern Xaver und Marlies Büchl, Tochter Magdalena Kiening, das Betriebsleiterehepaar Marlies und Hans Kiening und Sohn Hansi vor dem neuen Stall.

Es war eine Entscheidung, die gut überlegt sein wollte. Schließlich musste das Resultat zum betrieblichen Kreislauf des Schlemmhofes passen und auch den Weg für dessen Fortbestehen in der Zukunft ebnen.

Typisch war die Ausgangslage und passend für so viele Familienbetriebe mit Milchvieh in Anbindehaltung, nicht nur in Rottach-Egern im Tegernseer Tal (Landkreis Miesbach). Denn selten konzentriert sich das Betriebseinkommen hier auf ein Standbein allein. Es sind viele Bausteine, welche die Konzepte unterm Strich erfolgreich machen.

Bei Familie Büchl-Kiening sind das neben der Milchviehhaltung, eine exklusive Kaltblutzucht, der Fremdenverkehr, der Wald und die Almwirtschaft. Letztere bietet seit Generationen ein wichtiges Fundament für die gesamte Kreislaufwirtschaft.

„Wir haben eigentlich schon seit 2006 immer wieder hin und her überlegt, wie wir unseren Milchviehstall umbauen, erweitern oder eben weiterentwickeln können, damit er für unsere Tiere mehr Komfort bietet und auch uns die Arbeit erleichtert,“ schildert Betriebsleiter Hans Kiening. Ein Anbau nach Westen an den Anbindestall schien zunächst eine mögliche Variante.

Doch im Gespräch mit seiner Frau Marlies und den Kindern Hansi und Magdalena, war dann schließlich irgendwann klar: „Wenn wir bauen, dann was Gescheites.“  Auch die Großeltern, Xaver und Marlies Büchl, die nach wie vor eine tragende Säule am Betrieb sind, unterstützten diesen Vorstoß. 2018 wurde es dann endlich ernst. Man reichte den Bauplan für den neuen Liegeboxen-Laufstall ein, zunächst ausgelegt für einen Melkstand.

Vor dem Neubau des Liegeboxen-Laufstalls: Emissionsgutachten, Natur- und Waldschutz

„Allein die Genehmigung kostete uns schon wirklich viel Zeit und Nerven. Vom Emissionsgutachten bis hin zum Natur- und Waldschutz. Da fühlte man sich vom Landwirtschaftsamt oft mehr im Stich gelassen als von den übrigen, teils durchaus kooperativen Behörden,“ so der Milchviehhalter und Almbauer.

Er war jedenfalls heilfroh, als es endlich losgehen konnte. Viel unermüdlicher Einsatz der ganzen Familie sowie der fleißigen Arbeiter stecken nun in dem 24,5 x 40 m großen, neuen Laufstall. Im Juni 2021 war der Baubeginn, im Dezember desselben Jahres konnte dann das Jungvieh einziehen, direkt nach der Alm- beziehungsweise Weidesaison und zu Ostern 2022 zogen schließlich die Milchkühe nach.

Neuer Stall mit perfektem Klima und perfekter Ausleuchtung

BLW_Curtains-Stallklima

Der 28 x 4 m große Außenlaufhof wird von den Kühen gerne angenommen. Der Spaltenboden ist mit Gummiauflage ausgestattet. Auf der Ostseite des Gebäudes sorgen Curtains für Licht und Luft. Die West-, also Wetterseite, auf der das Jungvieh untergebracht ist, ist mit Hubfenstern ausgestattet. „Dann zieht´s nicht so“. Vier LED-Strahler sorgen für eine perfekte Ausleuchtung.

Außerdem erfolgte noch eine Umplanung vom Melkstand zum Melkroboter. „Meine Frau und mein Sohn haben mich schließlich doch überzeugt. Und ich muss zugeben, dass wir einfach viel unabhängiger von den Stallzeiten her sind. Gerade in Verbindung mit den anderen Betriebsstandbeinen spielt uns das in die Karten“, so Kiening zufrieden.

Keine Kuh musste wegen der Umstellung auf Laufstall und Melkroboter vom Hof

Für Familie Kiening ist es wichtig, dass sich ihre Herde im Stall genauso wohl fühlt, wie auf der Weide. Der Kuhkomfort wird am Schlemmhof großgeschrieben. Auch das Miteinander von hornlosen und gehörnten Tieren sei kein Problem, wie die Betriebsleiter bestätigen.

Und eines freut sie ganz besonders: „Es musste keine Kuh im Rahmen der Umstellung vom Hof gehen, die Tiere sind viel ruhiger und es ist herrlich ihnen zuzuschauen, wie sie ihr neues Umfeld genießen,“ sind sich Marlies und Hans einig. Das absolute Highlight sei ohnehin die geräumige Abkalbebox. Die Kühe mit ihren Kälbern dort zu sehen, macht die Fleckviehzüchter glücklich.

Die Eingewöhnungsphase am automatischen Melksystem beziffern Kienings auf zwei bis 14 Tage. Für die gesamte Umstellung hat man sich gut einen Monat Zeit gelassen.

Alle haben dank des neuen Milchviehstalls deutlich mehr Lebensqualität

Marlies Kiening hat zuvor mit ihrem Vater Xaver die Hauptmelkarbeit im Anbindestall erledigt. „Das sind nun Welten im Vergleich zu vor einem Jahr. Jetzt ist der Druck weg und alle haben deutlich mehr Lebensqualität,“ sagt dieser und freut sich, dass es die Hofnachfolger nun doch irgendwie leichter haben.

Zwar sei die durchschnittliche Herdenleistung vorerst von 9.000 kg Milch schon um etwa 1.000 kg zurückgegangen, wie die MLP-Ergebnisse zeigen. „Aber nun dreht sich die Sache zum Glück wieder um,“ sagt Hans Kiening. Diese Leistungsdelle müsse man den Tieren einfach zugestehen und dürfe nicht gleich erschrecken.

Für das Herdenmanagement liefert der Roboter die wichtigsten wie Milchparameter und Milchfluss. Über das Halsband findet die Aktivitätsmessung beispielsweise zur Brunst- und Krankheitserkennung statt.

„Mit dem Futtermischwagen sind die Tiere jetzt zudem besser ausgefüttert und wir haben eine bessere Kontrolle über die Ration“, schildert Junior Hansi Kiening, selbst begeisterter Jungzüchter, die Vorteile aus seiner Sicht.

Man habe jetzt jede einzelne Kuh noch besser im Blick als vorher im Anbindestall, obwohl man da vermeintlich so nah an den Tieren dran war. Ein weiterer Vorteil: „Mensch und Tier sind jetzt flexibler und freier“, ist man am Schlemmhof im Tegernseer Tal überzeugt.

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