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Lecksucht und Spurenelementmangel

Was tun, wenn Kühe an allem lecken

Kuh beleckt Metallstange
am Freitag, 15.04.2022 - 05:00 (1 Kommentar)

Es gibt viele Gründe, warum Kühe an Lecksucht leiden. Eine wichtige Ursache findet sich in der Fütterung. Woran kann es liegen und was kann man dagegen machen.

Eine der wichtigsten Ursachen für die Lecksucht ist der Mangel an unterschiedlichen Mineralstoffen. Hierzu gehören Natrium, Kupfer, Kobalt, Mangan, Eisen und Phosphor. Bei Auftreten von Lecksucht ist es in der Praxis üblich, dass als Erstes Salzlecksteine (Viehsalz, NaCl) ad libitum angeboten werden. In vielen Fällen ist diese Maßnahme auch erfolgreich. Entscheidend dabei ist, dass man ausreichend Tränkwasser anbietet, damit die Tiere eventuell auftretende Natriumüberschüsse durch eine erhöhte Wasseraufnahme kompensieren können.

Mengen- und Spurenelemente einkalkulieren

Bei der Kalkulation der Aufnahme an Mengen- und Spurenelementen sind auch die aufgenommenen Mengen aus dem Tränkwasser zu berücksichtigen. In fortschrittlichen Betrieben werden die Mengenelemente Calcium, Phosphor, Magnesium, Natrium, Kalium, Schwefel und Chlor sowie die Spurenelemente Kupfer, Zink, Mangan, Selen, Kobalt und Jod in die Rationsberechnung einbezogen, um daraus die Zusammensetzung des zugekauften Mineralfutters abzuleiten.

Es hat sich nicht bewährt, bei Mangel eines Elementes dieses separat zu ergänzen, da dies das Verhältnis der Elemente zueinander stören kann. In den meisten Fällen ist bei Auftreten der Mangelerscheinungen über die Verabreichung von industriell hergestellten Mineralfuttermischungen als Bestandteil der Mischration die sicherste Prophylaxe zu erreichen. Unter speziellen Bedingungen (zum Beispiel Weidehaltung) können auch Boli nützlich sein. Von Vorteil sind organisch gebundene Spurenelemente, denn sie unterliegen keinem antagonistischen Einfluss (Aufhebung der Wirkung).

Ungenügende Futterstruktur kann Ursache für Lecksucht sein

Weitere Ursachen für die Lecksucht können eine ungenügende Struktur beziehungsweise ein ungenügender Gehalt an Faserstoffen in der Ration sein. Für die Strukturwirksamkeit einer Ration gilt (Faserstoffe je Tier und Tag):

  • Rohfaser aus Grobfutter: 400 g je100 kg Körpermasse und Tag,
  • saure Detergenzienfaser (ADF) aus Grobfutter: 430 g je 100 kg Körpermasse und Tag,
  • neutrale Detergenzienfaser (NDF) gesamt: mehr als 750 g je 100 kg Körpermasse und Tag.

Für den Gehalt an Faserstoffen in der Ration gilt, dass die aufgenommene Menge an Faserstoffen am Tag, dividiert durch die tägliche Aufnahme an Trockensubstanz, den notwendigen Gehalt an Faserstoffen in der Ration ergibt.

Woher Spurenelementmangel kommt und wie er sich auswirkt: Phosphor und Kupfer

Ein Mangel an Phosphor ist selten. Der Optimalgehalt in der Gesamtration liegt zwischen 3,6 und 4,0 g Phosphor je Kilogramm  Trockensubstanz (TS).

Kupfer: Ein primärer Kupfermangel kann durch standortspezifische Faktoren (geologische Herkunft der Böden, ungenügende Verfügbarkeit im Boden) oder agrotechnische Maßnahmen (zum Beispiel Düngung) verursacht werden.

Häufig tritt aber ein sekundärer Kupfermangel auf. Hier kann das aus dem Futter aufgenommene Kupfer wegen anderer Stoffe nur eingeschränkt verwertet werden. Solche antagonistischen (von Gegenspielern verursachte) Wirkungen haben zum Beispiel Schwefel (über 3 g S/kg Trockensubstanz (TS) der Ration), Molybdän (über 5 mg Mo/kg TS der Ration) und Eisen (über 350 mg Fe/kg TS der Ration) aber auch Überschüsse an Zink, Mangan, Kadmium, Blei oder Calcium.

Symptome bei Kupfermangel: Kupfermangel führt zum Ausbleichen der Haarfarbe, zunächst um das Flotzmaul und die Augen („Kupferbrille“), später auch an anderen Körperpartien (schwarz wird grau, rot wird gelb). Das Haarkleid verliert an Glanz und wird struppig. Ferner zeigen sich Anzeichen einer Anämie, Fruchtbarkeitsstörungen und eine herabgesetzte Immunität. Bei Jungrindern über zwölf Monaten und Kühen, mit besonders hohen Milchleistungen oder im hochtragenden Stadium, können bei fortgeschrittenem Mangel auch Koordinationsstörungen im Muskelbereich (Ataxie) und Störungen an den hinteren Extremitäten auftreten. Als „sudden death“ ist die plötzlich auftretende Verhaltensstörung bekannt, bei der sich Tiere um ihre eigene Achse drehen und verenden.

Spurenelementmangel: Kobalt und Mangan

Kobalt ist an der mikrobiellen Synthese von Vitamin B12 im Pansen beteiligt. Das Spurenelement beeinflusst damit die Pansenfermentation und fördert die mikrobielle Verwertung von Zellulose. Kobaltmangel kommt auf Granit- und Porphyrstandorten (unter anderem im Erzgebirge) und auf Moor- und eiszeitlichen Sandstandorten vor. Antagonisten (Gegenspieler) sind nicht bekannt.

Symptome bei Kobaltmangel: Kühe magern nach sinkender Futteraufnahme und Milchleistung schnell ab und neigen zu ketotischen Erscheinungen und teilweise zu Durchfall. Struppiges Fell sowie derb-lederne und schuppige Haut sind weitere äußerliche Merkmale. Bei geschlechtsreifen Tieren treten Brunstschwäche und die Geburt lebensschwacher Kälber auf. Im fortgeschrittenen Stadium werden die Tiere kraftlos. Die Schleimhäute werden blass, die Tiere magern stark ab und es entwickelt sich eine Anämie. Hält der Kobaltmangel an, verenden die Tiere.

Mangan: Abgesehen von armen Lehm- und Moorböden ist ein Manganmangel vorrangig sekundär bedingt. Als Antagonisten kommen Eisen, Kupfer, Schwefel und Zink infrage.

Symptome bei Manganmangel: Jungtiere und Kühe zeigen häufig Zungenschlagen und Zungenspielen. Unregelmäßige und stille Brunst sind festzustellen. An den Haarspitzen treten bräunliche Verfärbungen auf. Es kommt zu Gelenkschwellungen. Im fortgeschrittenen Stadium können gehäuft Früh- und Totgeburten, sowie Aborte auftreten. Kälber von Kühen mit Manganmangel sind meist lebensschwach, weisen verkrümmte Extremitäten auf und sind eingeschränkt beweglich.

Spurenelementmangel: Eisen

Eisenmangel ist immer mit einer Anämie, das heißt, einem niedrigen Hämoglobingehalt im Blut (landläufig auch als „Blutarmut“ bezeichnet) verbunden. Von primärem Eisenmangel sind fast nur Tränkekälber betroffen. Sie zeigen Trinkunlust, Wachstumsschwäche und Lecksucht. Bei Milchkühen kommt Eisenmangel sehr selten vor. Ursache ist dann meist ein sekundärer Mangel. Hier stören Überschüsse an Kupfer, Mangan und Selen die Aufnahme, aber auch Rohprotein- und Kupfermangel können die Eisenaufnahme blockieren. Weitere Ursachen sind chronische Infekte und Entzündungen sowie Blutungen aufgrund von Verletzungen. Auch eine rückläufige Futteraufnahme kann zu einem Absinken des Eisengehalts im Blut führen. Der Eisengehalt in Mischrationen für Milchkühe liegt in der Regel zwischen 300 bis 600 mg/kg TS und damit weit über dem Bedarf von 50 bis 100 mg/kg TS. Es gibt aber einen „Darmschleimhautblock“, der regelt, dass das aus der Nahrung nicht benötigte Eisen mit dem Kot ausgeschieden wird.

Symptome bei Eisenmangel: Übliche subklinische Merkmale sind der Rückgang der Futteraufnahme und der Milchleistung. Die somatischen Zellzahlen steigen an und die Tiere zeigen eine ausgeprägte Lecksucht mit Zungenspielen. Im fortgeschrittenen Stadium sind die Schleimhäute blass und grau und die Zunge zeigt einen hyperkeratonischen Belag, das heißt, es sind Verhornungen und Verdickungen zu finden.

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