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Rinderfütterung

Verdauungsstörungen beim Rind: Kein frisches Getreide verfüttern!

Getreideernte
am Sonntag, 31.07.2022 - 05:00 (Jetzt kommentieren)

Nach der Ernte ist das Korn noch nicht stabil. Viele Umbauprozesse gehen noch vor sich. Sie können zu starken Verdauungsstörungen führen. Und müssen auch beim Füttern berücksichtigt werden.

Beim Verfüttern von frischem Getreide, kommt es immer wieder zu drastischen Verdauungsstörungen, zu geringerer Futteraufnahme und Laxieren (Durchfall), sowie verschiedenen Folgen von Pansenfermentationsstörungen. Damit verbunden ist immer ein kurzfristiger Anstieg der somatischen Zellen (Zellzahl) in der Milch. Die Verdauungsstörungen treten bei allen Rindern auf, unabhängig von der Nutzung und dem Alter.

Kornenzyme führen zu Verdauungsproblemen

Der Grund für die Störungen ist, dass mit der Ernte der Körner die Lebensprozesse im Getreide noch nicht abgeschlossen sind. Während der ersten Tage und Wochen vollziehen sich enzymatisch gesteuerte Nachreifungen, die je nach Reifegrad mehr oder weniger intensiv sein können. Dabei machen die feinen Kornbestandteile, die vorrangig aus Stärke, Glucanen, Pentosanen bestehen, einen Entquellungsprozess durch, in dem die einzelnen Inhaltsstoffe chemisch-physikalisch und strukturell umgewandelt werden. Dafür verantwortlich sind korneigene Enzyme (stärkespaltende Amylasen, proteinumsetzende Proteinasen und fettabbauende Lipasen, sowie elektronenfreisetzende Oxidasen). Bei diesem Prozess bildet sich Wasser und es wird Kohlendioxyd frei. Es kommt zum Schwitzen des Getreidestapels. Daher ist es in dieser Phase wichtig, das Getreide ausreichend zu belüften, da sich sonst Schimmel- und Hefepilze vermehren können. Im weiteren Zeitablauf lässt die Enzymaktivität und damit auch die Stoffwechselintensität nach und das Korn wird stabil. Diese Prozesse benötigen rund 4 bis 6 Wochen. Daher muss Getreide nach der Ernte und vor dem Einsatz als Futter mindestens 4 Wochen fachgerecht gelagert werden. Das bedeutet:

  • ein Trockensubstanzgehalt von über 86 Prozent
  • weniger als ein Prozent Schwarzbesatz (vornehmlich Unkrautsamen),
  • kein Schimmel.

Wie viel Getreide verfüttern?

Futtermittelrestriktionen

Wie für jedes Futtermittel ergeben sich auch für die Getreidearten aufgrund ihrer spezifischen Inhaltsstoffe und Eigenschaften futtermittelspezifische Restriktionen, das heißt Richtwerte für die zu fütternde Höchstmenge je Tier und Tag. Die notwendige Menge wird durch die Kosten und die Rationsberechnung bestimmt. Die mögliche Menge legen die futtermittelspezifischen Einsatzgrenzen fest. In der Tabelle „Futtermittelspezifische Restriktionen für Getreide bei Rindern“ sind die Grenzen für einzelne Getreidearten, auch für Jungrinder und Kälber aufgeführt.

Kommt bei Milchkühen eine einzelne Getreideart zum Einsatz, liegt die Grenze, außer bei Körnermais und Hafer, im Allgemeinen bei 4 kg je Kuh und Tag (650 kg Körpermasse). Bei Einsatz von zwei Getreidearten, kann die Menge auf 5 bis höchstens 6 kg ansteigen. Bei Herden mit starken Klauenschäden sollte man auf Weizen beziehungsweise Weizenprodukte weitgehend verzichten (Histidingehalt – Histamine – Klauenrehe). Beim Einsatz von zugekauften Mischfuttermitteln muss die jeweilige Getreideart und ihr Anteil bekannt sein, um die Restriktionen einhalten und die Ration sachgemäß berechnen zu können.

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