Der Wettbewerb um die Milch braucht starke Erzeugergemeinschaften. Das empfahl die Berichterstatterin des Bundeskartellamtes in Sachen Milch, Eva-Maria Schulze, am gestrigen Montag in Warburg-Hardehausen auf der öffentlichen Milchtagung der Aktionsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), des Fachgebiets Agrarpolitik der Universität Kassel und der Katholischen Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB).
"Es hat uns zunächst sehr überrascht, dass das Machtgefälle auf dem Milchmarkt zulasten der Milchbauern so stark ist, obwohl 70 Prozent der Milch von Genossenschafts-Molkereien erfasst wird. Aber die Strukturen und Organe der Genossenschaften haben sich verselbständigt", sagte Eva-Maria Schulzes. Auf die Preisbildung für ihre Milch hätten die Milchbauern bisher kaum einen Einfluss. Der Milchpreis werde rückwärts gebildet, das heißt aus dem, was nach der Verhandlung der Molkerei mit den Abnehmern wie den Handelsketten übrigbleibe.
Nicht nur die Marktmacht des Handels beklagen
"Die Molkerei-Genossenschaft trägt kein eigenes Schmerz-Risiko", formulierte Schulze. Sie reiche das Risiko der Vermarktung an die Bauern weiter. "Die Genossenschaften haben nicht den letzten Anreiz, in den Verhandlungen mit dem Handel das letzte für die Bauern rauszuholen", sagte Schulze. Da helfe es den Bauern nicht, immer nur die Marktmacht des Handels zu beklagen.
Privatmolkereien orientieren sich an Genossenschaftspreisen
Bei den Privatmolkereien sehe die Situation nicht viel besser aus, obwohl viele Privatmolkereien mit ihren nicht austauschbaren Markenprodukten einen höheren Preis auszahlen könnten. Aber, Schulze, "beim Auszahlungspreis an die Bauern orientieren sie sich an den Preisen der Genossenschaften". Als wesentliche Möglichkeit der Milcherzeuger, ihre Position am Milchmarkt zu stärken, nannte sie den Zusammenschluss in Erzeugergemeinschaften.
Erzeugergemeinschaften: 'Verflixt nochmal, machen Sie es einfach'
Der Gesetzgeber räume anerkannten Erzeugergemeinschaften nicht nur das Recht zu mengenbegrenzenden Maßnahmen, sondern auch zur Preisabsprache ein. Auf die Frage aus dem Publikum, bei welchem Bündelungsgrad das Kartellamt einschreiten werde, meinte die Berichterstatterin des Bundeskartellamts in Sachen Milch, Eva-Maria Schulze: "Von 80 Prozent sind wir soweit entfernt, dass es keinen Sinn macht, darüber zu reden." Nochmals darauf angesprochen wurde sie deutlicher: "Verflixt nochmal, machen Sie es, und sagen Sie nicht immer, Sie wissen nicht, wie das Kartellamt sich verhält".
Schaber: Dem Milch Board beitreten
Romuald Schaber, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM), forderte die Bauern auf, die Zurückhaltung gegenüber der Bündelung in der bundesweiten Erzeugergemeinschaft "Milch Board" aufzugeben und einzutreten. Schaber, der auch Vorsitzender des europäischen Dachverbands der Milcherzeuger "European Milk Board" (EMB) ist, forderte die Einrichtung einer Monitoringstelle auf EU-Ebene. Diese Stelle solle den Milchmarkt beobachten und je nach Marktlage zusätzliche Menge freigeben oder mengenbegrenzende Maßnahmen auslösen.
Weidehaltung gut für Wirtschaftlichkeit der Milcherzeugung
Dr. Edmund Leisen von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen berichtete aus vielen Praxiserhebungen und Untersuchungen, dass eine umfangreiche Weidehaltung der Milchkühe sich für die Betriebe eindeutig positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Milcherzeugung auswirke. Und Kraftfuttergaben während der Weidezeit brächten keine zusätzliche Milchleistung. "Beides widerspricht dem, was wir alle gelernt haben, aber die Praxis zeigt, dass es so ist", sagte Leisen. (pd)
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