
Der Beitrag zum Label "ohne Anbindehaltung" der Discounter Lidl und Netto hatte hohe Wellen geschlagen. Daher hatten wir die Verbände gebeten, uns mitzuteilen, wie sie die Zukunft der Kombinationshaltung nach der Ankündigung der Lebensmitteleinzelhändler einschätzen.
Für Dr. Hans-Jürgen Seufferlein, Direktor des Verbands der Milcherzeuger in Bayern (VMB) sei es nach den intensiven Diskussionen in der bayerischen Milchwirtschaft eigentlich alles klar gewesen: „Bei der Weiterentwicklung des Tierwohls im Bereich Milchvieh ergab sich Mitte 2019 zwischen Erzeugern und Verarbeitern, unterstützt vom bayerischen Landwirtschaftsministerium ein breiter Konsens für das Modell der Kombihaltung, die Anbindehaltung mit Bewegungsmöglichkeiten für die Milchkühe verbindet. Seitens des VMB als einen der beteiligten Akteure gibt es keinen Anlass, daran zu rütteln, zumal diese Definition, leicht modifiziert, Anfang 2021 auch auf Bundesebene unter Einbeziehung des Handels Zustimmung gefunden hat. Die wesentlichen Punkte: 120 Tage Bewegung und dies mindestens 2 h pro Tag! Alle Beteiligten tun gut daran, ihre Wortwahl in diesem sensiblen Punkt sorgfältig abzuwägen, im Sinne jedes einzelnen betroffenen Milchbauern, aber auch zur Sicherung des Milchstandortes Bayern."
Kombihaltung ist aus Ökosicht tierwohlgerecht

Hubert Heigl, Präsident von Naturland und Vorsitzender der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern hält die Kombinationshaltung für eine gute Entwicklung und das eigene System der Öko-Kombinationshaltung für zukunftsfähig. Heigl: „Die ganzjährige Anbindehaltung von Rindern ist nicht nur aus der Sicht von Verbraucher und Handel, sondern auch fachlich aus Tierschutzgründen nicht vertretbar. Deshalb haben wir mit der Öko-Kombinationshaltung bereits vor Jahren ein System etabliert, das den hohen Anforderungen des Öko-Landbaus ans Tierwohl gerecht wird. Das hat auch der Handel erkannt, der in seinem vierstufigen Kennzeichnungssystem die Öko-Kombinationshaltung ganz ausdrücklich der vierten Stufe „Premium“ zuordnet. Dass inzwischen auch immer mehr konventionelle ‚Milchviehbetriebe eine abgestufte Form der Kombinationshaltung betreiben, ist eine gute Entwicklung im Sinne des Tierwohls, die der Handel auch unterstützen sollte.“
Lidl: Ohne Anbindehaltung heißt auch keine Kombihaltung

Ein Pressesprecher von Lidl hat auf unsere Anfrage ihren Anspruch an das Label „ohne Anbindehaltung“ präzisiert. Dabei macht das Unternehmen klar, dass unabhängig davon, ob die Milch ökologisch oder konventionell erzeugt wird, die Kombihaltung nicht unter das Label „ohne Anbindehaltung“ fallen wird. Pressesprecher Mario Köhler: „Wir deklarieren Milch nur dann als „ohne Anbindehaltung“, wenn dabei nachweislich keine Anbindehaltung oder Kombinationshaltung eingesetzt wird. Diesen Produkten liegt zusätzlich eine entsprechende Zertifizierung zugrunde, beispielsweise das „Tierschutzlabel“ des Deutschen Tierschutzbundes. Wir bieten sowohl „Alpenmilch“ als auch „Frische Weidemilch“ mit diesem Label an.“
Für Betriebe, die nicht in der Lage seien, auf Laufstall umzustellen, will sich das Unternehmen dafür einsetzen, dass die Kombihaltung in Stufe 2 der Haltungsformen anerkannt wird. Lidl-Sprecher Köhler: „Grundsätzlich akzeptieren wir die Haltungsformen, die gemäß der jeweiligen Zertifizierung zugelassen sind. Dies gilt sowohl für Bio(-land) als auch für konventionelle Milch. Wir möchten auch Landwirten Absatzmöglichkeiten bieten, die eine Laufstallhaltung aus verschiedenen Gründen nicht umsetzen können. Davon sind vor allem kleinere Milchviehbetriebe betroffen. Aus diesem Grund setzen wir uns dafür ein, dass die Kombinationshaltung im Stufenmodell der Haltungsformen ebenfalls in der Stufe 2 „Stallhaltung Plus“ anerkannt wird.“
Wir hatten auch die Molkereien Berchtesgadener Land und Gropper um eine Stellungnahme zum Thema Label „ohne Anbindehaltung“ gebeten. Hier wollte man sich jedoch nicht dazu äußern.
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