Die Beschlussabteilung im Bundeskartellamt hat mit dem Papier "Sachstand im Verfahren zu Lieferbedingungen für Rohmilch" Hinweise zum weiteren Vorgehen in der Milchkrise gegeben. Der Zweck des Papiers sei es, Anregungen für die Diskussion über alternative Lieferbeziehungen zu geben. Dazu werden unter anderem konkrete, kartellrechtskonforme Vorschläge gemacht. Zur Veröffentlichung des Papiers kritisierte der Präsident des Bundeskartellamtes die langjährigen Verträge zwischen Milchbauern und Molkereien.
Ausgangspunkt war, dass das Kartellamt sich schon 2012 mit dem Milchmarkt beschäftigt hat und vor allem in der Kombination von Vertragslaufzeit und Andienungspflicht, den Referenzpreismodellen sowie den aktuellen Marktinformationssystemen Probleme sah. Auch nach Auslaufen der Milchquote habe sich daran wenig geändert und es hat sich keine wirksame Mengensteuerung am Markt etabliert.
6 Vorschläge für Änderung der Lieferbeziehungen
Aus Gesprächen mit Marktteilnehmern und der Marktkenntnis gibt die Beschlussabteilung des Bundeskartellamts "mit aller Vorsicht" folgende Hinweise für die weitere Ausgestaltung der Lieferbeziehungen:
- Kurze Kündigungsfristen: Kündigungsfristen von drei bis vier Monaten bieten laut Beschlussabteilung hinreichende Sicherheit für eine Molkerei. Das zeigen die Beispiele der Molkereien Arla und FrieslandCampina. Es sollten zudem mehrere Kündigungstermine pro Jahr bestehen.
- Lockerung der Kopplung von Lieferverhältnis und Genossenschaftsmitgliedschaft: Dies trägt den Finanzierungsinteressen der Genossenschaften Rechnung, ermöglicht aber auch den Landwirten, wettbewerblicher zu handeln.
- Interessensvielfalt beachten: Eine einheitliche Regelung der Vertragsbedingungen und starre Vorgaben für die Verträge sind nicht angemessen, weil sie die vielen Interessenlagen der Akteure nicht umfassen können.
- Sichere Preise: Die Preise sollten vor der Lieferung festgelegt werden, auch durch Festpreisvereinbarungen.
- Vereinbarung fester Liefermengen: Eine vertragliche Mengensteuerung könnte Molkereien und Erzeugern bei der Planung helfen und neue Handlungsoptionen gegenüber des LEHs eröffnen. Die Mengensteuerung müsse aber die beschränkten Reaktionsmöglichkeiten auf Seiten der Erzeuger berücksichtigen und die beteiligten Erzeuger müssten für die Übernahme des Mengenänderungsrisikos entschädigt werden.
- Absicherung durch Erzeugerorganisationen
Kartellamts-Vorschläge sollen Milchkrisen vermeiden
Der Beschlussabteilung merkt mehrmals an, dass es sich bei diesen Vorschlägen teilweise nur um Anregungen handelt, die sie für sinnvoll hält, damit die Milchmärkte künftig besser funktionieren und Krisen vermieden werden.
Nun wird die Beschlussabteilung das Pilotverfahren weiter vorantreiben und ihre tatsächlichen und rechtlichen Überlegungen in einem Anhörungsschreiben zusammenfassen. Sie erklärt sich außerdem offen für Gespräche mit der Branche.
Veränderung der Lieferbeziehungen: Reaktionen von Verbänden und Molkereien
Das DBV-Präsidium sieht sich mit den Kartellamts-Vorschlägen in seiner langjährigen Forderung bestätigt, die Stellung der Milcherzeuger in der Lieferkette und ihre kartellrechtliche Privilegierung zu stärken. Allerdings müssen dabei die Vermarktungsorganisationen der Landwirtschaft mit einbezogen werden. Die Forderung ist klar: Milcherzeuger stärken und Lieferbeziehungen neu ausrichten.
Für die MEG Milch Board ist der Kartellamtsbericht ein wichtiger Etappensieg im Kampf um faire Vermarktungsbedingungen für die deutschen Milcherzeuger. Die MEG spricht von Rückenwind für eine stärkere Bündelung.
Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. begrüßt die seiner Ansicht nach in vielen Punkten treffende Analyse des Bundeskartellamts über die Besonderheiten der Milchlieferbeziehungen.
Die Deutsche Milchkontor (DMK) widerspricht den Aussagen des Bundeskartellamts vehement. Gegen eventuelle Auflagen des Bundeskartellamtes würde die DMK sogar gerichtlich vorgehen.
Der Milchindustrie-Verband (MIV) hält die Schlussfolgerungen des Bundeskartellamts für nicht nachvollziehbar: Die Vorschläge brächten laut MIV keine besseren Milchpreise.
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