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Dauerregen zur Ernte 2023

Schlechte Ernte: Wohin mit dem Auswuchsgetreide?

Gekeimtes Getreide in der Ähre
am Dienstag, 12.09.2023 - 12:00 (1 Kommentar)

Der anhaltende Regen zur Getreideernte 2023 sorgte vielerorts dafür, dass das Getreide schon in der Ähre keimte. Die Qualitäten sind dahin. Wohin also mit dem Getreide?

"Übrigens: Wir haben zwei Tonnen mit Auswuchs-Weizen mit dem Düngerstreuer wieder aufs Feld gestreut. Wollte niemand haben. 100 kg liegen im Pelletlager." Mit diesem Post auf der Social-Media-Plattform X sorgte Agrarblogger Bauer Willi in der vergangenen Woche für Aufsehen. Sein Auswuchsgetreide habe eine zum Teil eine so schlechte Qualität, dass es auch als Futter nicht mehr zu gebrauchen sei. Eine Biogasanlage sei zu weit entfernt, um das Getreide dort zu verwerten. Das Getreide habe für ihn nur noch einen Düngewert auf dem Acker, erklärt der Landwirt in den Kommentaren zu seinem Post.

Der hohe Niederschlag zur Getreideernte 2023 hat in einigen Regionen Deutschlands zu erhöhtem Auswuchs im Getreide geführt. Das bedeutet, dass die Körner schon in der Ähre beziehungsweise Rispe gekeimt sind, wie die Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen berichtet. Zu unterscheiden dabei sei der sichtbare und der unsichtbare Auswuchs. Beim nicht sichtbaren Auswuchs sei der Keimling nicht zu sehen, sondern nur eine Schwellung des Korns, heißt es von der LWK.

Schlechte Getreidequalitäten: Wohin mit dem Zeug?

Der Keimvorgang mobilisiert Stärke und Eiweiß. Durch den Abbau von Reineiweiß steigt der Gehalt an NPN (Nicht-Protein-Stickstoff), das ist aber auf dem Anaylsenbefund nicht erkennbar. Das Enzym Amylase baut einen Teil der Stärke zu Zucker ab und erhöht dadurch den Zuckergehalt. Die Körner schmecken folglich süßlicher.

Zudem besteht die Gefahr der Pilz- und Toxinbelastung, wobei eher mit Lager- als mit Feldpilzen zu rechnen ist. Bereits Anfang August befürchtete Beraterin Mirjam Lechner eine hohe Mykotoxinbelastung in der aktuellen Ernte. Sie schreibt auf X "Natürliche Toxine gefährden die Gesundheit von Mensch und Tier." Teile der aktuellen Ernte gehörten ihrer Meinung nach energetisch genutzt und sicher verwendet in eine Getreideheizung. Es eigne sich nicht einmal mehr als Tierfutter. 

Auswuchsgetreide sorgt bei Wiederkäuern zu gefährlichen pH-Veränderungen im Pansen

In älteren Untersuchungen der Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen enthielt Triticale mit geringem Auswuchs 50 g Zucker/kg TM und bei einem geschätztem Auswuchsgrad von 15 Prozent etwa 63 g. Und das hat Auswirkungen auf die Fütterung: Da der schnelle Stärkeabbau bei Wiederkäuern zu pH-Veränderungen im Pansen führen kann, sollte der Einsatz von Auswuchsgetreide in der Wiederkäuerfütterung begrenzt werden. Für Schweine ändere sich der Energiegehalt nur unwesentlich, da sie Stärke und Zucker fast gleich verwerten, heißt es in dem Bericht weiter.

Andere Untersuchungen zeigen, dass die Verdaulichkeit von Roggen, dessen Körner zu gut einem Drittel ausgekeimt waren, beim Schwein nur um 3 Prozent sank. Voraussetzung für den nahezu gleichbleibenden Energiegehalt ist nach Angaben der LWK Niedersachsen jedoch eine schnelle Konservierung. 

Auswuchsgetreide: Aufgrund der Toxinbelastung nicht an Jungtiere und Sauen verfüttern

Im Auswuchsgetriede wird mehr Vitamin B1 gebildet, während die Peroxidbildung der Fettsäuren die Zerstörung von Vitamin E begünstigt. Diese Veränderungen dürften wohl erst bei deutlichem Auswuchs von Bedeutung sein, erklärt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen weiter. In solchen Fällen ist auf eine ausreichende Vitamin E-Versorgung zu achten. Wegen des hohen Anteils in der Ration spielt dies vorrangig in der Schweine- und Geflügelfütterung eine Rolle.

Aufgrund eines höheren Risikos einer Toxinbelastung sollte Auswuchsgetreide nicht an Jungtiere und Sauen verfüttert werden. Ansonsten sollten die Anteile an Auswuchsgetreide auf etwa 30 Prozent der Getreidemenge begrenzt werden. Zudem rät die LWK Niedersachsen dazu, Analysen des Futtergetreides anfertigen zu lassen, die genauere Informationen zum Futterwert und zum Hygienestatus liefern. 

Mit Material von LWK Niedersachsen, Bauer Willi, Mirjam Lechner

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