Wie viel Hitze hält ein Schwein aus? Im Sommer leidet vor allem die Darmgesundheit der Tiere unter den Temperaturen. Wie sich Hitze auswirkt und wie Sie negative Effekte mindern können, lesen Sie hier.
Die Sommer werden immer wärmer. Heiße Tage mit Temperaturen an die 40 °C sind keine Seltenheit mehr. Für Schweine bedeutet das Hitzestress, denn sie können ihre Körpertemperatur nicht mehr ausreichend regulieren. Geringere Absetzgewichte, ein häufigeres Auftreten von Mastitis, Metritis und Agalaktie (MMA) und eine verringerte Futteraufnahme und Leistung der Tiere sind die Folge. In Einzelfällen kann Hitzestress sogar tödlich enden.
Alter, Gewicht und ein schlechter Gesundheitsstatus können die Fähigkeit der Schweine, ihre Körpertemperatur zu regulieren, negativ beeinflussen. Bei Hitze sinkt auch die Futteraufnahme, denn die Verdauung erzeugt zusätzlich Wärme im Körper. Das hat direkte Auswirkungen auf die täglichen Zunahmen.
Hitzestress ab 25 °C
Hitzestress beginnt bei Schweinen ab 25 °C. Untersuchungen zeigen allerdings, dass Tiere in leichteren Gewichtsklassen Hitze in Bezug auf die täglichen Zunahmen besser kompensieren können als schwerere Schweine. So reduzierten sich in einer Studie die Tageszunahmen bei Tieren mit einem durchschnittlichen Gewicht von 75 kg schon ab einer Umgebungstemperatur von 23 °C. Bei Aufzuchttieren mit einem Gewicht von 25 kg nahmen die täglichen Zunahmen erst ab einer Umgebungstemperatur von 27 °C ab.
Um sich aktiv zu kühlen, stehen Schweinen nur wenige funktionsfähige Schweißdrüsen zur Verfügung. Sie sind daher auf das Liegen auf feuchten Flächen und das Abkühlen über eine verstärkte Atmung angewiesen. Die Atmung wird dabei tiefer und die Atemfrequenz erhöht sich bis hin zum Hecheln.
Durch die verstärkte Atmung verlieren die Tiere allerdings zusätzlich Wasser, was die ohnehin schon geringe Futteraufnahme weiter mindert. Der Flüssigkeitsverlust wirkt sich außerdem auf die Milchleistung aus. Das Urinieren und damit auch das Entgiften der Tiere wird aufgrund des erhöhten Wasserbedarfs zur Kühlung eingeschränkt.
Überwärmung simuliert
Um den Körper zusätzlich zu kühlen und mehr Wärme abzustrahlen, wird das Blut verstärkt in die Extremitäten der Schweine geleitet. Das führt zu einer Unterversorgung der Darmzellen mit Nährstoffen und Sauerstoff und macht den Darm so durchlässiger.
Eine amerikanische Studie der Universität von Iowa untersuchte an Aufzuchttieren, welche Auswirkungen Hitzestress auf die Darmgesundheit hat. Hierzu teilten die Wissenschaftler 48 Tiere eine Woche nach dem Absetzen in zwei Gruppen ein. Die Versuchsgruppe wurde ab einem Gewicht von 21 kg für drei Tage einem täglich wiederkehrenden Hitzestress ausgesetzt.
Für 6 Stunden wurden die Tiere bei einer Umgebungstemperatur von 38 °C und einer Luftfeuchte von 40 bis 60 Prozent gehalten, den restlichen Tag bei 32 °C und gleicher Luftfeuchte. Die Vergleichsgruppe wurde bei einer Umgebungstemperatur von 28 °C und gleicher Luftfeuchte gehalten. Haltung, Fütterung und Management unterschieden sich zwischen den Gruppen nicht.
Beim Aufstallen, zu Beginn der Hitzestresssimulation und am Ende des Versuchs wurden die Tiere gewogen. Zudem wurde ihre Körpertemperatur während der Belastungsphase alle zwei Stunden gemessen und die Atemzüge pro Minute erfasst. Am letzten Versuchstag entnahmen die Forscher den Schweinen Blut und Gewebeproben aus dem Dünndarm, die sie auf die Barrierefunktion der Zellen untersuchten.
Studie belegt durchlässigen Darm
Bei den Tieren, die über drei Tage dem täglich wiederkehrenden Hitzestress ausgesetzt waren, konnten die Wissenschaftler eine höhere Rektaltemperatur feststellen. Auch die Atemfrequenz war bei diesen Tieren um den Faktor 2,5 im Vergleich zur Kontrollgruppe erhöht. Diese Werte normalisierten sich auch in den kühleren Stunden des Tages nicht vollständig.
Zudem konnte bei den Versuchstieren eine erhöhte Durchlässigkeit des Darms festgestellt werden. Dies wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Die Hitze mindert die Bildung von sogenannten Tight Junctions. Dies sind bestimmte Membranproteine, die die Zellen eng umhüllen und mit ihren Bändern Verbindungen zwischen den Zellen herstellen. Werden bei Hitze weniger Tight- Junction-Proteine gebildet, lockert sich folglich die Verbindung zwischen den einzelnen Darmzellen. Zudem können hohe Temperaturen den Zelltod auslösen.
Durch die durchlässigere Darmwand können vermehrt Endotoxine ins Blut gelangen. In der Studie der Universität von Iowa konnte bei den Aufzuchtferkeln, die dem wiederkehrenden Hitzestress ausgesetzt waren, eine um 150 Prozent höhere Endotoxinkonzentration im Darm festgestellt werden als bei den Vergleichstieren. Diese Giftstoffe stimulieren das Immunsystem der Tiere, beeinflussen die Proteinsynthese und die Verdauung negativ und fördern Entzündungsreaktionen wie Fieber im Körper.
Darm entlasten
Hitze ist in der Lage, eine lang anhaltende Stresssituation bei den Tieren auszulösen und den Darm nachhaltig zu schädigen. Auch kurze Hitzeperioden haben einen negativen Effekt auf die Leistung und Gesundheit der Tiere. Hitzestress schädigt die Darmwand. Daher ist es besonders wichtig, weitere Belastungen, soweit es geht, zu mindern. Auch Mykotoxine wie Deoxnivalenol (DON) und Aflatoxin schädigen die Darmwand. Eine gute Futterqualität und der Einsatz von Mykotoxinbindern können das Risiko für weitere Schädigungen reduzieren.
Um die Schweine bei Sommerhitze so gesund wie möglich zu halten, müssen Haltung, Klimasteuerung und Fütterung optimal ineinandergreifen. Das Absenken der Rohproteingehalte im Futter kann bei Hitzestress die Gewichtsabnahme der Tiere reduzieren. Proteine erzeugen während des Verdauungsvorgangs vermehrt metabolische Wärme, was den ohnehin unter Hitzestress leidenden Organismus weiter belastet.
Auch der Ersatz von Stärke durch Fett als Energiequelle in der Ration kann den Körper entlasten, denn die Verdauung von Fett erzeugt im Vergleich zu Stärke weniger metabolische Wärme. Zudem kann das Absenken der Rohfasergehalte in Hitzeperioden sinnvoll sein. Schwer verdauliche und unverdaute Rohfaser gelangt in den Dickdarm, wo sie die Bildung von Mikroorganismen stimuliert. Die damit entstehenden Fermentationsprozesse in diesem Verdauungsabschnitt erzeugen wiederum weitere metabolische Wärme.
Wasseraufnahme sichern
Neben einer angepassten Rationszusammensetzung ist die Vorlage des Futters entscheidend. Mehrmaliges Füttern am Tag und das Verlegen der Fütterungszeiten in die kühleren Morgen- und Abendstunden können den Organismus der Schweine zusätzlich entlasten.
Auch die Bautechnik kann für die Tiere an heißen Tagen Entlastung bringen. Die Buchten können so strukturiert werden, dass kühlere Liegebereiche entstehen. Hierfür bieten sich Gussroste und feuchte Betonspalten an, auf denen die Schweine ihre Körperwärme besser abgeben können. Außerdem lässt sich die Raumtemperatur mit Kühlpads im Zuluftkanal oder mittels Hochdrucksprühkühlung senken.
Eine in der Bucht installierte Mikrosuhle kann den Tieren zudem eine aktive Kühlmöglichkeit geben. Neben den verschiedenen Kühlmöglichkeiten und einer angepassten Fütterung muss eine ausreichende Wasserversorgung gesichert werden. Mithilfe von Wasseruhren lässt sich der Wasserverbrauch kontrollieren. Zudem müssen die Tränken und die Durchflussmenge an die Tiere angepasst werden, denn ein hoher Saufkomfort unterstützt die Tiere bei einer ausreichenden Wasseraufnahme.
Fazit
Der Darm der Schweine leidet besonders unter Hitzestress. Das belegen zahlreiche Studien. Bei Hitze wird die Darmwand durchlässiger für Endotoxine, welche die Verdauung der Tiere negativ beeinflussen. Diese Energie und Proteine stehen in der Folge nicht mehr für die Leistung zur Verfügung. Eine angepasste Fütterung und der Einsatz von Rohstoffen mit geringer Mykotoxinbelastung und eventuell auch von Mykotoxinbindern können das Risiko von größeren Darmschäden mindern. Außerdem muss die Wasserversorgung optimiert werden, damit die Schweine bei Hitze ausreichend Flüssigkeit aufnehmen.
Die Bautechnik kann zudem das Kühlen der Tiere unterstützen. Gekühlte Zuluft und kühlere Liegeflächen für die Schweine können an heißen Tagen ihr Wohlbefinden fördern.
Hitzestressindex für wachsende und Endmastschweine
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