Ab 1. Januar 2019 dürfen deutsche Ferkelerzeuger ihre Tiere nicht mehr ohne Betäubung kastrieren. Auf EU-Ebene gibt es dazu keine verbindliche gesetzliche Vorgabe. Der Interessensverband der deutschen Schweinehalter (ISN) hat nun recherchiert, wie die Praxis in den EU- und Nachbarländern aussieht.
Niederlande: 60 % Ebermast
In den Niederlanden wurde das Ziel formuliert, ab 2015 gänzlich auf die Kastration zu verzichten. Für den Übergang kastrieren die Landwirte die Ferkel selbst unter CO2 Betäubung. Inzwischen gibt es in den Niederlanden bei den männlichen Schweinen 60 bis 70 % Ebermast, davon geht ein Teil nach Großbritannien. 30 bis 40% der männlichen Ferkel werden von den Landwirten unter der aus Tierschutzsicht heftig diskutierten CO2 Betäubung kastriert. In wie weit diese Narkose in der Praxis tatsächlich zur Anwendung kommt, darüber wird hinter vorgehaltener Hand stark spekuliert.
Dänemark: Kein Verbot
In Dänemark werden lediglich 5 % der männlichen Schweine als Eber gemästet. Analog zu Deutschland erfolgt die Kastration überwiegend mit Schmerzmitteln. Politisches Interesse auf die betäubungslose Kastration zu verzichten, bestehe in Dänemark zwar, mangels praktikabler Alternativen wird jedoch kein Verbot vorangetrieben, äußerte jüngst Nicolaj Nørgaard (Danske Svineproducenter) gegenüber der SUS. Wenn der Exportmarkt Deutschland die gesetzlichen Vorgaben ab 2019 auch im QS-System formuliert, werde Dänemark entsprechend die Produktion anpassen. Gleichzeitig werden Versuche mit der lokalen Betäubung durchgeführt.
Frankreich: Freiwillige Betäubung
In Frankreich wird der überwiegende Teil der männlichen Ferkel unter Schmerzmittelgabe kastriert. Ebermast und sonstige Verfahren werden zwar getestet, trotzdem liegt der Anteil je nach Quelle zwischen weniger als 10 % bis 20 %.
Spanien: 80 % Ebermast
In Spanien werden vorrangig Eber gemästet. Für bestimmte Exportmärkte und die Schinkenproduktion findet sowohl bei weiblichen als auch männlichen Tieren die Immunokastration Anwendung. Etwa 20 % der Ferkel werden chirurgisch kastriert.
Belgien: Keine betäubungslose Kastration
Über die Hälfte bis zwei Drittel der männlichen Ferkel werden unter Schmerzmittelgabe kastriert. Der Rest wird je nach abnehmender Handelskette ca. zur Hälfte als Eber gemästet und in der Mast gegen Ebergeruch geimpft.
Großbritannien/Irland: Ausschließlich Ebermast
In Großbritannien und Irland werden traditionell fast ausschließlich Eber gemästet.
Schweden: Lokalanästhesie durch Landwirte
Seit 2016 dürfen Schwedens Betriebe nach einer Schulung ihre Ferkel zur Kastration selbst lokal betäuben. Vor der Einführung der Kastration unter lokaler Betäubung hat Schweden die Wirksamkeit in einer großen Praxisstudie geprüft. Da Politiker und Tierschützer diesen Weg mittragen, hat Stockholm das Tierschutzgesetz angepasst.
Österreich: Betäubungslose Kastration
Der Anteil der Ebermast beträgt laut einer aktuellen Umfrage nur um die 5 %, während der Großteil der männlichen Ferkel betäubungslos unter Einsatz von Schmerzmittel chirurgisch kastriert wird. Die Kastration unter Narkose spielt eine untergeordnete Rolle.
Tschechien, Slowakei, Estland, Litauen, Slowenien, Ungarn und Polen
In diesen Ländern werden laut ISN-Recherche Ferkel ohne Betäubung oder Schmerzmittelgabe kastriert.
Schweiz: Betäubungslose Kastration ist verboten
Die betäubungslose Ferkelkastration ist in der Schweiz seit 2010 verboten. Flächendeckendes Verfahren ist die Inhalationsnarkose mit Isofluran. Die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) stuft die chirurgische Kastration generell als überholt ein und empfiehlt auf die Immunokastration zurückzugreifen.
Norwegen: Lokalanästhesie
In Norwegen wird, ähnlich wie in Schweden, unter örtlicher Betäubung kastriert. Seit 2002 ist die Kastration ohne Betäubung bereits verboten. Eine aktuelle Umfrage schätzt den Anteil von Jungebermast und immunokastrierten Ferkeln in Norwegen auf unter 2 %.
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