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Fleischindustrie

Gärtringer Schlachthof droht Schließung wegen illegaler Filmaufnahmen

In Box wartende Schweine
am Dienstag, 01.09.2020 - 11:37 (2 Kommentare)

Wegen illegaler Filmaufnahmen aus den Anlagen des Gärtringer Schlachthofs im Kreis Böblingen muss der Betrieb mit einer vorübergehenden Schließung rechnen. Das Video der Soko Tierschutz sorgt besonders in den sozialen Medien für Aufregung.

Nach Angaben der Soko Tierschutz seien die Aufnahmen an zwölf Tagen im Juni und Juli 2020 entstanden. Das Video zeige schwere Gewaltanwendungen der Schlachthofmitarbeiter beim Umgang mit Schweinen, Ferkeln, Rindern und Schafen. Betäubungen bei Rindern und Schweinen würden oft nicht fachgerecht durchgeführt. Anwesende Amtstierärzte beobachteten die Vorgänge lediglich und griffen nicht ein, beschreibt die Soko Tierschutz.

In einem Interview mit dem baden-württembergischen Fernsehsender Regio TV teilte Landrat Roland Bernhard mit, dass das Material nun ausgewertet werde. Eine vorübergehende Schließung des Gärtringer Schlachthofs sei nicht ausgeschlossen.

Situation im Schlachthof war schon länger bekannt

Landrat Bernhard erläuterte darüber hinaus, dass die Mängel im Schlachthof schon länger bekannt gewesen seien. Schon vor Veröffentlichung des Videos habe das Landratsamt dem Unternehmen ein Zwangsgeld angedroht, vom Betreiber sei „ein schlüssiges Gesamtkonzept abverlangt“ worden, so Bernhard. Zum geforderten Konzept zählten vor allem bauliche Maßnahmen.

Das Landratsamt stünde nun vor der Entscheidung, die Vollstreckungsmaßnahme noch zu verschärfen. Bernhard betonte, dass die Situation im Gärtringer Schlachthof nicht toleriert werde und kündigte ein „konsequentes Handeln im Sinne des Verbrauchers“ an.

Strafanzeige gegen Schlachthof und Veterinäramt gestellt

Nach Angaben der Stuttgarter Zeitung ist das Video bereits 2,7 Millionen Mal aufgerufen worden. Friedrich Mülln, Vorsitzender der Soko Tierschutz, sei überzeugt, dass das öffentliche Interesse die illegalen Aufnahmen rechtfertige und das Persönlichkeitsrecht des Schlachthofs in diesem Fall zu vernachlässigen sei.

Die Soko Tierschutz habe gegen den Betreiber des Schlachthofs und gegen das Veterinäramt Böblingen Strafanzeige gestellt, berichtet die Stuttgarter Zeitung. Für Mülln bestehe kein Zweifel an den Aufnahmen, die ausschließlich vom Gärtringer Schlachthof stammten. Wer die Kameras im Schlachthof aufgestellt hat und damit für die Aufnahmen ist, werde Mülln jedoch aus Gründen des Informantenschutzes nicht bekannt geben.

Leiter des Schlachthofs zweifelt an Aufnahmen

Wilhelm Dengler, Leiter des Gärtringer Schlachthofs, betonte in seinem Statement gegenüber Regio TV, dass die Aufnahmen „völlig untragbar“ seien. Hierfür gäbe es „keine Entschuldigung“. Es handele sich um eine "Ausnahmesituation", die nicht zum standardmäßigen Ablauf im Schlachthof gehöre. Dengler erklärte jedoch, dass einzelne Sequenzen des Videos nicht von seinem Schlachthof stammten.

Die Kameras seien vor vier Wochen im Schlachthof entdeckt worden.

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