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Zucht

Gefährdete Schweinerassen in Deutschland

Husumer-Protestschwein-gefaehrdete-Schweinerasse
am Montag, 21.09.2020 - 05:00 (Jetzt kommentieren)

Die deutsche Schweinezucht beschränkt sich auf wenige Rassen. Doch die Vielfalt ist größer. Hier stellen wir ihnen einige der gefährdeten Schweinerassen vor und erklären, warum ihr Erhalt so wichtig ist.

Das Schwein ist eins der ältesten Haustiere des Menschen. Seit etwa 10.000 Jahren nutzen Menschen die vielfältigen Eigenschaften der Hausschweine in zunehmendem Maße.

Heute sind mehr als 90 Prozent der deutschen Schlachtschweine Kreuzungsschweine aus überwiegend vier Schweinerassen: Deutsches Edelschwein, Deutsche Landrasse, Duroc und Pietrain

    Grund dafür sind die Anforderungen, die der Markt stellt: 

    • gute Fruchtbarkeit
    • hohe Tageszunahmen
    • hohe Futterverwertung
    • hohes Schlachtgewicht
    • hoher Muskelfleischanteil
    • gute Fleischqualität 

    Warum einheimische Hausschweinerassen retten?

    Es macht laut dem Verband der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) trotzdem Sinn, endemische und vom Aussterben bedrohte Haustierrassen zu retten. So seien 64 Prozent aller einheimischen Haustierrassen gefährdet.

    Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), die zum fünften Mal die Rote Liste der gefährdeten Nutztierrassen veröffentlicht, spricht sogar von rund 71 Prozent.

    Deshalb soll nun in einem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projekt die wissenschaftliche Erhaltungszucht optimiert und die bedrohten Tiere stärker als bisher nachgezüchtet werden.

    Der Grund dafür ist, dass alte Nutztierrassen genügsam und wetterhart sind. Sie haben laut VzF eine bessere Immunabwehr als klassische Hochleistungsrassen. Durch ihre größere genetische Variabilität können sie zudem besser auf Veränderungen in puncto Klima oder Produktion reagieren.

    Das BLE ergänzt: Die Tierhalter müssten sich auf ändernde Rahmenbedingungen auf dem Weltmarkt, aber auch in ihrer Region einstellen können. Hierzu brauchen sie ein breites Spektrum verschiedener Nutztierrassen, aus dem sie die geeigneten Tiere auswählen können.

    Die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Nutztierrassenvielfalt ist zudem ein wesentlicher Beitrag für das Nachhaltigkeitsziel 2.5 der Vereinten Nationen.

    Mehr Bentheimer Schweine und Sattelschweine

    Laut BLE war bei den Schweinerassen die Anzahl der im Herdbuch eingetragener Zuchttiere insgesamt rückläufig. Eine zunehmend erfolgreiche Regionalvermarktung führte beim Bunten Bentheimer Schwein und den Sattelschweinen allerdings zu einem leichten Bestandsanstieg.

    Einen Teil der deutschen Schweinerassen und aktuelle Bestandszahlen stellen wir Ihnen hier vor:

    Bunte Bentheimer

    Bunte-Bentheimer-Schwein

    Das Bentheimer Schwein geht zurück auf das Marschschwein der Landkreise Grafschaft Bentheim, Emsland und Cloppenburg sowie des westfälischen Wettringens, in die verschiedene ausländische Schläge eingekreuzt wurden, unter anderem Berkshire und Cornwall aus England.

    Bunte Bentheimer sind eine Universalrasse, die tägliche Zunahmen von 700 bis 800 Gramm haben und eine durchschnittliche Wurfgröße von zehn Ferkel.

    Verbreitet ist die mittelrahmige Rasse weitgehend in Westdeutschland. 2018 waren 130 Eber und 550 Sauen der Bunten Bentheimer eingetragen.

    Auf der roten Liste ist die Rasse in Kategorie II (stark gefährdet) eingestuft. Für diese Rassen müssen spezielle Zuchtprogramme entwickelt, Kryoreserven angelegt und ein Monitoring durchgeführt werden.

    Deutsche Landrasse

    Deutsche-Landrasse-Schwein

    Anfang des 20. Jahrhunderts entstand die Deutsche Landrasse, zunächst bekannt unter dem Namen "Veredeltes Deutsches Landschwein" aus verschiedenen deutschen Landschweinrassen, denen weiße Borsten auf weißer Haut, Schlappohren und großrahmiger Körperbau gemein war, und in die weiße Schweine englischen Typs eingekreuzt wurden.

    In den 1950er Jahren erfolgte eine Umzüchtung von bis dahin recht fetten Schweinen zu magereren "Fleischschweinen" mit Tieren dänischer Herkunft. Der neue Schweinetyp war jedoch sehr stressanfällig, was zu einer schlechten Fleischqualität führte. Seit den 1980er Jahren wird die Deutsche Landrasse deshalb auf erhöhte Stressresistenz selektiert.

    Die Deutsche Landrasse hat keinen regionalen Schwerpunkt in Deutschland. Sie dient überwiegend als Mutterrasse und hat tägliche Zunahmen von mehr als 900 Gramm. Die Wurfgröße liegt bei zehn Ferkeln.

    Der Bestand dieser Schweinerasse befindet sich derzeit in einem drastischen Rückgang. So ist die Anzahl der in den Züchtervereinigungen registrierten Zuchtsauen von 17.992 Tieren im Jahr 2008 auf 6.028 Sauen und 153 Eber im Jahr 2018 zurückgegangen. Der gleichzeitige Anstieg der Schweineproduktion in Deutschland ist auf den vermehrten Einsatz von Hybridsauen der Zuchtunternehmen zurückzuführen. Auf der roten Liste wird die Deutsche Landrasse als Beobachtungspopulation geführt, das bedeutet, es werden Kryoreserven angelegt und ein Monitoring durchgeführt. 

    Deutsches Edelschwein

    Edelschwein-seltene-Haustierrasse

    Das Deutsche Edelschwein ist aus alten Landschweinen durch Verdrängungskreuzung mit englischen Yorkshire-Ebern Ende des 19. Jahrhunderts entstanden. Es wurde systematisch auf Frühreife und Frohwüchsigkeit selektiert. Es hat ein geringeres Fleischbildungsvermögen als andere in der Fleischproduktion bedeutende Rassen.

    Allerdings ist es nicht sehr stressanfällig und sehr fruchtbar. Aufgrund der rückläufigen Anzahl der Zuchteber betrug der Bestand an weiblichen Tieren 2018 noch 4.149 und an männlichen 99. Somit wird das Deutsche Edelschwein in die Gefährdungskategorie Beobachtungspopulation eingeordnet.

    Das Deutsche Edelschwein ist ebenfalls überwiegend eine Mutterrasse. Die Tageszunahmen liegen bei 800 bis 900 Gramm, die Wurfgröße bei durchschnittlich elf Ferkeln.

    Leicoma

    leicoma-sau-ferkel-gefährdete-Haustierrasse

    Die aus den Ursprungsrassen Deutsche und Niederländische Landrasse, Duroc, Estnische Baconrasse und Deutsches Sattelschwein gezüchtete Schweinerasse erhielt ihren Namen nach den Zuchtbezirken der ehemaligen DDR Leipzig - Cottbus - Magdeburg. Die Rasse dient in Hybridzuchtprogrammen als Mutterrasse. Tägliche Zunahmen von 800 bis 900 Gramm und eine Wurfgröße von elf Ferkeln zeichnen diese Rasse aus.

    Während in den Jahren 1997 und 1998 der Bestand des Leicoma Schweins bei über 1000 weiblichen Tieren und 70 männlichen Tieren lag, bildeten im Jahr 2018 lediglich 38 weibliche und 6 männliche Tiere den Bestand der Leicoma Schweine.

    Leicoma werden als extrem gefährdet (Kategorie I) in der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Hausstierrasen geführt. Sie wird in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen gefördert.

    Mit Material von GEH

    Deutsche Sattelschweine

    Angler-Sattelschwein-gefaehrdete Hausschweinerasse

    Die in Deutschland gezüchteten Rassen Angler Sattelschwein, Deutsches Sattelschwein, Rotbuntes Husumen Schwein und Schwäbisch-Hällisches Schwein werden heute unter dem Rassenamen "Deutsche Sattelschweine" zusammengefasst. Die Zuchtziele sind für die verschiedenen Sattelschwein- Populationen in Deutschlands nahezu identisch.

    Das in Schleswig-Holstein beheimatete Angler Sattelschwein war nach der deutschen Wiedervereinigung bis auf wenige Sauen und einen Eber ausgestorben. Aus rot-weiß-roten Farbschlägen der Angler Sattelschweine wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Rotbunte Husumer Schwein herausgezüchtet. Um 1916/17 wurden die Tiere als Variante der Angler Sattelschweine populär und 1954 als eigenständige Rasse anerkannt.

    Auf Empfehlung des Fachbeirates Tiergenetische Ressourcen wird das Rotbunte Husumer Schwein als Subpopulation der Deutschen Sattelschweine behandelt. Das Deutsche Sattelschwein entstand in der Nachkriegszeit in der DDR aus einer Kreuzung von Angler Sattelschwein und Schwäbisch-Hällischem Landschwein und war anfänglich sehr verbreitet. Schwäbisch-Hällische Schweine sind optisch heller, etwas länger und etwas fleischreicher als die Deutschen Sattelschweine.

    Sattelschweine werden als Mutterrasse geschätzt, die auch unter ungünstigen Bedingungen im Freiland ihre Ferkel aufziehen. Die weidetaugliche und robuste Rasse besitzt eine hohe Fleischqualität. Die Tageszunahmen liegen bei 700 bis 800 Gramm. 2018 betrug der Bestand an Sattelschweinen nur noch 58 Eber und 205 Sauen.

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