Mykotoxine im Futter sind problematisch. Unter vielen Witterungsbedingungen lässt sich ein Befall jedoch kaum vermeiden. Wie diese Pilzgifte auf Schweine wirken und wie sie sich bekämpfen lassen, lesen Sie hier.
Mykotoxine sind sekundäre Stoffwechselprodukte bestimmter Schimmelpilze. Sie gehören nicht zu ihrem Grundstoffwechsel, sondern sie bilden sie als Reaktion auf Stressoren in der Umwelt wie lange Regenphasen während der Getreideblüte, lange Trockenperioden oder starke Klimawechsel. Je extremer sich das Klima während der Vegetationsperiode verändert, desto größer ist auch das Risiko, dass sich vermehrt Mykotoxine bilden.
Wissenschaftler haben mittlerweile über 400 Mykotoxine identifiziert, die in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften stark variieren (siehe Tabelle „Praxisrelevante Mykotoxine im Überblick“).
Einige Pilze erzeugen mehrere Toxine und manche Toxine können von verschiedenen Pilzen produziert werden. Diese Eigenschaften führen dazu, dass in der Praxis selten Infektionen mit nur einem Pilzgift gefunden werden. Vielmehr sind die Belastungen mit Mykotoxinen im Futter auf verschiedene Toxine zurückzuführen, die sich teilweise in ihrer Wirkung synergetisch ergänzen.
Die Gattungen Aspergillus und Penicillium bilden hauptsächlich unter Lagerbedingungen – also nach der Ernte – Toxine. Dagegen bilden sich Fusarientoxine auf dem Feld. Alle sind hitze- und druckstabil. Physikalische oder chemische Prozesse können sie nicht vernichten, ohne dass nicht auch die Nährstoffe aus dem Futter entfernt werden.
Keine typischen Symptome
Nutztiere sind unterschiedlich anfällig für die Wirkung von Mykotoxinen. Schweine sind jedoch besonders empfindlich. In der deutschen Praxis sind zurzeit vor allem Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEA) relevant.
Vergiften sich Schweine mit Mykotoxinen, treten leider kaum typische klinische Symptome auf. Bei hohen Gehalten von DON im Futter verweigern die Tiere die Futteraufnahme, teilweise erbrechen sie sich. Bei hohen ZEA-Gehalten können durch den östrogenartigen Effekt des Toxins bei weiblichen Tieren aller Altersklassen geschwollene Scheiden auftreten.
In der Praxis treten also vor allem unspezifische Symptome nach einer Mykotoxinvergiftung auf. Sie spiegeln die Schäden an den entsprechenden Organen wider, die durch die zytotoxische Wirkung der Gifte entstehen. Beispielsweise schädigt DON die Darmepithelzellen. Die Darmwand wird durchlässiger und produziert weniger Schleim. So gelangen mehr Endotoxine in den Körper.
Bei den betroffenen Schweinen treten Symptome wie Ohrrandnekrosen auf, die in erster Linie nicht mit den Mykotoxinen aus dem Futter, sondern mit den Endotoxinen aus dem Darm in Verbindung stehen. Die Mykotoxine aus dem Futter haben damit den Weg für diese Erkrankung gebahnt.
Eine steigende Zahl von Infektionen kann ein weiteres Anzeichen für eine Belastung des Futters mit Pilzgiften sein, denn DON wirkt in höheren Mengen stark immunsystemschädigend. Zudem können DON und ZEA zu erhöhten Umrauscherquoten, zum Ausbleiben der Rausche und zu anderen reproduktiven Störungen bei den Schweinen führen. Das führt besonders in Sauenbetrieben zu erheblichen Schäden.
Die Dosis macht das Gift
Zwischen der Kontaminationshöhe des Futters mit einzelnen Mykotoxinen und den daraus resultierenden klinischen Erkrankungen gibt es keine linearen Zusammenhänge. Für Aflatoxine hat die EU verbindliche Grenzwerte festgelegt. Für alle anderen relevanten Mykotoxine wurden lediglich Richtwerte bestimmt, die jedoch allgemein als zu hoch angesehen werden.
Die Dosis macht das Gift – das trifft auch auf Mykotoxine zu. Bei den praktischen Auswirkungen der verschiedenen Toxine spielen auch andere Faktoren wie zusätzliche Pathogene im Futter, das Alter der Tiere und ihr Leistungsniveau eine Rolle.
Jungtiere sind durch die Umstellung der Enzyme im Darm, die Immunitätslücke nach dem Absetzen und die Reifung des Mikrobioms körperlichen Herausforderungen ausgesetzt. Das macht ihren Stoffwechsel anfälliger für Mykotoxine. Zusätzlich ergänzen sich Mykotoxine in ihrer schädlichen Wirkung mit bereits vorherrschenden Endotoxinen.
Besonders hart sind Betriebe mit hochleistenden Sauen von Kontaminationen mit Mykotoxinen betroffen. Die Herden reagieren auf die Rückstände im Futter empfindlicher als Tiere auf einem mittleren Leistungsniveau. In der Praxis sind auf den Betrieben zunächst unerklärliche Leistungseinbrüche zu beobachten.
Grund für die starke Betroffenheit hochleistender Sauen ist ihr Stoffwechsel. Er ist bei einem hohen Leistungsniveau bereits ausgeschöpft. Mykotoxine wie DON werden hauptsächlich in der Leber unschädlich gemacht, die bereits durch die hohen Leistungen stark beansprucht ist. Die beim Abbau der Toxine beteiligten Enzyme fehlen dann in anderen Stoffwechselvorgängen, zum Beispiel bei der Regulation von oxidativem Stress. Die Leber hochleistender Sauen leidet also nicht nur direkt unter den zytotoxischen Effekten der Mykotoxine, sondern zusätzlich unter der Ansammlung weiterer völlig normaler, toxischer Stoffwechselprodukte.
Aufgrund der teils starken Auswirkungen von Mykotoxinen auf die Tiere sprechen Experten von Risikoschwellen statt von Richtwerten für Mykotoxine im Futter. Diese Schwellen geben Toxinmengen an, ab denen ein negativer Effekt auf die Tiergesundheit und die Leistung nicht auszuschließen ist.
Aufgrund der wachsenden Relevanz kommen in Deutschland immer häufiger Toxinbinder im Schweinefutter zum Einsatz – gerade in empfindlichen Produktionsabschnitten wie bei Sauen oder in der Ferkelaufzucht. Häufig wird der Einsatz allerdings als Schuldeingeständnis für eine schlechte Futtermittelqualität aufgefasst, doch genau das Gegenteil ist der Fall.
Kaum irgendwo ist die Futtermittelqualität so hoch wie in Deutschland. Dazu gehört auch, dass viele Mühlen das Futter akribisch auf diese Substanzen untersuchen, um entsprechende Probleme zu verhindern. Weltweite Studien zeigen aber, dass es nahezu unmöglich ist, stets mykotoxinfreies Futter herzustellen. Die dort aufgeführten Analysen zeigen stetig steigende Kontaminationszahlen.
Toxine binden
Dies liegt einerseits am Klimawandel und an der Globalisierung, denn alle Mühlen sind auf das weltweite Zukaufen von Getreide angewiesen. Immer bessere Analyse-methoden weisen andererseits immer schneller geringe Kontaminationen nach.
Erschwerend kommt hinzu, dass Mykotoxine nicht gleichmäßig im Futter verteilt sind. Innerhalb einer Charge kann es nestartige Anhäufungen an unterschiedlichen Stellen geben. Das macht es sehr aufwendig, eine repräsentative Probe für eine mikrobiologische Untersuchung zu entnehmen.
Besonders in Südeuropa gehört der Einsatz von Mykotoxinbindern zur gängigen Praxis. Untersuchungen der letzten Ernte mit ELISA-Schnelltests zeigen, dass 50 Prozent der Proben mit zwei oder mehr synergetisch wirkenden Mykotoxinen belastet waren. DON war eines davon. Die Werte bewegten sich um 700 ppb (parts per billion) sowohl im Weizen als auch in der Gerste. Der Mais war in diesen Stichproben mit etwa 650 ppb DON und zusätzlich 87 ppb ZEA belastet.
Da sich die verschiedenen Mykotoxine stark in ihren molekularen Eigenschaften unterscheiden, müssen auch die entsprechenden Toxinbinder an diese Unterschiede angepasst werden. Aflatoxine sind aufgrund ihrer polaren Struktur recht einfach zu binden. Gute Toxinbinder zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine hohe Bindungseffizienz haben und auch niedrige Dosierungen von Aflatoxin zuverlässig absorbieren, ohne andere Stoffe wie Vitamine und Spurenelemente unerwünscht zu binden.
Schwieriger wird es bei Fusarientoxinen. Sie sind im Gegensatz zu Aflatoxinen apolar und ihre Anreicherung an der Oberfläche des Toxinbinders erfordert besondere Eigenschaften wie eine optimale Ladungsverteilung und passende Porengrößen. Zudem sind diese Eigenschaften zum Teil abhängig vom pH-Wert. Vor allem bei einem neutralen pH-Wert im Darm gehen bei vielen Toxinbindern die gebundenen Toxine wieder verloren.
Schließlich ist noch eine schnelle Wirkung wichtig. So wird beispielsweise DON vom Organismus der Schweine sehr schnell aufgenommen. Die Resorption dieser schädlichen Substanzen beginnt bereits im Magen. In wissenschaftlichen Studien wurden erste Serumwerte bereits 20 bis 30 Minuten nach der oralen Mykotoxinaufnahme gemessen.
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