Wie jedes Jahr hat die ISN auch für 2020 wieder ein Schlachthofranking erstellt und gibt gleichzeitig zu bedenken, dass es ein Sonderjahr war:
- Corona-Pandemie,
- Afrikanische Schweinepest (ASP),
- der Schweinestau,
- Gastronomieschließungen,
- Sperrung der Drittlandexporte
- und die Abschaffung der Werkverträge
Es sei ein turbulentes Jahr für die gesamte Schweinebranche gewesen.
Und so habe die Krise bei den Schlachthöfen den langjährigen Trend zusätzlich beschleunigt: Immer weniger Schlachtunternehmen konkurrieren um eine abnehmende Zahl an deutschen Schlachtschweinen. Deshalb, so die ISN, müsse die Diskussion um Margen in der Kette jetzt zum Ergebnis geführt werden!
2020 deutlich weniger Schweine geschlachtet
Die Schlachtunternehmen in Deutschland schlachteten im vergangenen Jahr 2020 insgesamt 53,28 Mio. Schweine. Das waren laut ISN 1,91 Mio. Tiere weniger als 2019 - ein Minus von 3,5 Prozent und die niedrigste Zahl seit 14 Jahren.
Die Top-10-Schlachthöfe schlachteten 2020 zusammen gut 82,2 Prozent aller Schweine, 2019 waren es 80,4 Prozent. Einige mittelständische Unternehmen haben sich zudem zusammengeschlossen. Demnach hat die Konzentration der Schlachtbranche weiter zugenommen.
Schlachthofranking: Tönnies vor Vion und Westfleisch
Das Unternehmen Tönnies schlachtete in Deutschland im vergangenen Jahr 16,3 Mio. Schweine - etwa 400.000 Tiere beziehungsweise 2,4 Prozent weniger als 2019. Damit war der Rückgang weniger stark als der des gesamten Marktes, sodass Tönnies seinen Marktanteil um 0,3 Prozent auf 30,6 Prozent steigern konnte.
Das ist laut ISN bemerkenswert, denn immerhin war der größte Tönnies-Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück nach positiven Corona-Tests bei Mitarbeitern ab Mitte Juni für vier Wochen komplett geschlossen. Auch der Tönnies-Standort in Sögel war über Wochen stark eingeschränkt.
Gerade die im Nachhinein betrachtet in hohem Maße von politischen Machtspielen getriebenen Einschränkungen in Rheda-Wiedenbrück waren für die ISN der Auslöser des Schweinestaus.
Den zweiten Platz im Schlachthofranking holte sich das niederländische Schlachtunternehmen Vion zurück. Mit 7,6 Mio. in Deutschland geschlachteten Schweinen konnte das Unternehmen seine Jahresschlachtmenge im Vergleich zum Vorjahr stabil halten. Vions Marktanteil steigerte sich um 0,5 Prozent auf auf 14,3 Prozent.
Das genossenschaftliche Schlachtunternehmen Westfleisch verzeichnete im vergangenen Jahr einen Rückgang der Schlachtmengen um 3 Prozent auf 7,47 Mio. Schweine. Auch Westfleisch hatte mit Einschränkungen der Schlachthofkapazitäten durch die Corona-Pandemie zu kämpfen. Weil der Rückgang der Jahresschlachtmengen im Unternehmen ähnlich groß war, wie der Rückgang des gesamten Marktes, blieb der Marktanteil aber unverändert bei 14 Prozent.
Schlachtunternehmen: Mittelstand schließt sich zusammen
Die Unternehmen auf den Positionen 4 bis 10 konnten ihre Marktanteile größtenteils halten oder sogar ausbauen. So steigerte Böseler Goldschmaus die Zahl der Schweineschlachtungen 2020 um 4,5 Prozent gegenüber 2019.
Eine Ausnahme war der einzige deutsche Schweineschlachtstandort des dänischen Schlachtunternehmens Danish Crown in Essen/Oldenburg, der einen beachtlichen Rückgang der Schlachtungen um 6,6 Prozent verzeichnete.
Neu aufgestiegen in die Liste der Top 10 - Schlachtbetriebe in Deutschland ist in diesem Jahr das Unternehmen Steinemann aus Steinfeld in Niedersachsen. Dies gelang durch die Übernahme des Schlachthofs der Erzeugergemeinschaft Osnabrück in Georgsmarienhütte.
Weniger deutsche Schweine - mehr feste Lieferverträge
Der ISN Marktanalyst Klaus Kessing geht davon aus, dass deutsche Schlachtschweine für die Schlachthöfe in Zukunft knapper werden. Das würde zu einer weiteren Strukturveränderung in der Schlachtbranche führen. Weitere Schließungen vor allem kleinerer
und mittelgroßer Schlachtstandorte sowie weitere Übernahmen oder Zusammenschlüsse könnten die Folge sein, so dass die Konzentration zunehmen dürfte.
Im Zuge dieser Entwicklungen wäre es auch denkbar, dass ausländische Investoren auf den Plan treten, so Klaus Kessing. Mit Blick auf die Beziehungen zwischen Schlachtunternehmen und Schweinehaltern fügt er hinzu: „Für die Schlachtunternehmen wird die Rohstoffsicherung Schwein immer wichtiger – quantitativ wie auch qualitativ. Ein großer Teil an Schweinen dürfte bald in festen Lieferverträgen gebunden sein.“
Erlöse fairer verteilen
So sagt auch ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Ohne, dass die Kosten der Schlachtunternehmen unter anderem durch die
Corona-Pandemie im vergangenen Jahr gestiegen seien. Die bekannten Jahresabschlüsse von Schlachtunternehmen würden aber auch deutlich zeigen dass diese – ganz anders als die Schweinehalter – das Krisenjahr 2020 finanziell sehr gut überstanden hätten.
Die Erlösverteilung in der Kette ist gewaltig zu Lasten der Schweinehalter aus den Fugen geraten, kritisiert Torsten Staack und fordert:
„Deshalb ist die jetzt geführte Diskussion um die Erlös- und Margenverteilung in der Kette Schweinefleisch genau richtig und muss zum Ergebnis geführt werden – und zwar mit dem Lebensmitteleinzelhandel, aber auch genauso mit den Schlachtunternehmen. Die Schweinehalter müssen ein ausreichend großes Stück von der Torte abbekommen. Alles andere ist nicht akzeptabel.“
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