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Kommentar zur Ebermast: Eine Alternative zur Kastration?

am Dienstag, 13.10.2015 - 11:00 (1 Kommentar)

Die Ferkelkastration ohne Betäubung wird ab Januar 2019 verboten. Eine Alternative ist die Ebermast. Doch sie hat ihre Ecken und Kanten. Ein Kommentar von Sabine Leopold, agramanager-Redakteurin.

Spätestens ab Januar 2019 darf in Deutschland kein Eberferkel ohne Betäubung kastriert werden. Das verlangt das Tierschutzgesetz.
 
Für viele Mäster könnte dieses Thema allerdings noch deutlich eher relevant werden, weil einige Großabnehmer aus dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) bereits ab 2017 eine Kastrationsbetäubung vorschreiben.
 
Aldi geht sogar noch weiter. Der Discounter verkündete Anfang April dieses Jahres, mit Stichtag 1. Januar 2017 gar kein Fleisch von Börgen mehr anzubieten. Das gute Gewissen für den Verbraucher gibt's dann zum Schnitzel gleich dazu. Wie das alles allerdings praktisch umzusetzen ist, interessiert weder Handel noch Kunden. Bislang jedenfalls hat jede Betäubungsmethode ihren Haken.

Ungeschnittene Eber mästen

Eine Möglichkeit, die Vorgaben von LEH und Gesetzgeber zu erfüllen, ist die Mast ungeschnittener Eber. Diese Methode hat ohne Zweifel ihre Vorteile: Der Ferkelerzeuger spart die aufwendige Kastration, die Tiere bleiben körperlich unversehrt, wachsen zudem besser, haben eine günstigere Futterverwertung und setzen statt Fett enorm viel Muskelmasse an. Letzteres geht zwar zulasten der Saftigkeit und des Geschmacks im Fleisch, aber mager liegt ja im Trend.

Geruch kann ganze Fleischchargen verderben

Wenn da die Sache mit der Männlichkeit nicht wäre: Ungefähr drei bis acht Prozent aller unkastrierten Eber entwickeln sich zu üblen "Stinkern"; ihr Geruch kann ganze Fleischchargen verderben. Vor allem für kleine bis mittelständische Schlachtbetriebe ohne umfangreiche Wurstproduktion ist es schwer, diese Geruchsabweichler unterzubringen. Deshalb weisen diese Verarbeiter immer öfter intakte Eber zurück. Jeder Landwirt, der auf Ebermast umsteigen möchte, sollte also tunlichst vorher die Abnahme seiner Schlachttiere sichern. 

Zerbissene Extremitäten führen zu Abzügen

Auch mit dem Benehmen hapert's bei unkastrierten Ebern gern ein bisschen. Sobald sie in die Pubertät kommen, fangen die Burschen an, um den Chefposten in der Bucht zu rangeln. Und manche sind dabei nicht zimperlich. Vor allem zerbissene Penisse, Ohren und Schwänze führen zu Abzügen am Schlachthof. Und sie beeinträchtigen ohne Frage das Tierwohl. Gegensteuern lässt sich vor allem durch stabile Gruppen, ad libitum-Fütterung, viel Rohfaser und eine geeignete Genetik. 

Eber per Spritze temporär kastrieren

Gestank und Gestänker umgehen lassen sich mit der sogenannten Impfung gegen Ebergeruch. Per Spritze werden die Tiere temporär kastriert, wachsen und verhalten sich die letzten Wochen vor der Schlachtung deshalb wie Börge. Und auch der typische Ebergeruch bleibt aus. Ob die - gelegentlich misstrauisch beäugte - Methode in Deutschland allerdings künftig in größerem Umfang zur Anwendung kommt, entscheiden Landwirt, Handel und Verbraucher. 

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