Bei Ökobetrieben gilt das nur für jeden vierten Betrieb. Das ist das Ergebnis zweier Teilprojekte zum Vorkommen und zur Besiedlungsdynamik von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) in Schweinezucht- und -mastbeständen in Deutschland. Sie wurden von der Außenstelle für Epidemiologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover durchgeführt. Dabei wurden von den bundesweit verteilten 56 mittels Staubproben untersuchten Mastschweinebeständen in konventioneller Haltung 79 Prozent als MSRA-positiv identifiziert, von den 32 ebenso untersuchten Zuchtsauenbeständen 75 Prozent. Dagegen waren von den 42 auf gleicher Weise untersuchten, ökologisch gehaltenen Schweinebeständen lediglich 26 Prozent MRSA-positiv. Auch die festgestellten MRSA-Intraherdenprävalenzen in den ökologischen Beständen waren den Studienautoren zufolge signifikant niedriger als die in den konventionellen Haltungen.
Als mögliche Ursachen für das erheblich geringere Vorkommen von MRSA sowohl im Stallstaub als auch in Nasenabstrichen der Tiere nennen die Wissenschaftler die geringere Besatzdichte, den eingeschränkten Tierverkehr zwischen ökologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben, den restriktiveren Antibiotikaeinsatz sowie die alternativen Haltungsformen mit Einstreu und Auslauf. Da in den Ökobetrieben die gleichen Multilocus-Sequenz-Typisierungen (MLST) und spa-Typen wie in den konventionellen Betrieben nachgewiesen worden sind, ist den Forschern zufolge davon auszugehen, dass es sich bei beiden um dasselbe Phänomen eines sich in der Nutztierpopulation beständig ausbreitenden MRSA-Klons handelt, den livestock-associated MRSA ST398.
Rohfleisch eventuell MRSA-Überträger
Wie die Wissenschaftler darüber hinaus in der Studienzusammenfassung feststellen, werden livestock-associated MRSA nicht nur in Nutztierbeständen von Schweinen, Rindern und Geflügel gefunden, sondern von der Primärproduktion ausgehend auf allen Stufen der Lebensmittelkette bis zum Lebensmittel im Einzelhandel. Die Möglichkeit einer Übertragung des Erregers und anschließenden Kolonisation, zum Beispiel von Wunden, scheine zumindest beim Handling mit Rohfleisch gegeben, so die Forscher. Nach Ihren Angaben wies Rohfleisch vom Geflügel, und zwar Pute mit 32 Prozent beziehungsweise Huhn mit 22 Prozent, die höchste MRSA-Prävalenz unter den untersuchten Lebensmitteln aus dem Einzelhandel in Deutschland auf. Von den Schweinefleischproben seien hier 16 Prozent MRSA-positiv gewesen, von den Kalbfleischproben 13 Prozent.
Grüne: Konzept für Ausstieg aus Intensivtierhaltung nötig
Der agrarpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Friedrich Ostendorff, sieht sich durch die Untersuchungsergebnisse bestätigt. Nun hat es die Bundesregierung amtlich: Antibiotikaresistente Keime kommen deutlich häufiger in konventionellen Tierhaltungen vor als in ökologischen Betrieben, erklärte Ostendorff. Man dürfe gespannt sein, ob die Bundesregierung wenigstens den von ihr in Auftrag gegebenen Studien glaube und nun endlich konsequent an den Umbau der Tierhaltung herangehe. Ein weiteres Nichtstun von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner wäre unverantwortlich, so der Grünen-Politiker. Die MRSA-Keime aus den Tierhaltungen gefährdeten die menschliche Gesundheit. Die Studie habe gezeigt, dass die Keime noch 500 m entfernt von den Ställen im Boden nachweisbar seien. Das bedeute, dass nicht nur die Landwirte, sondern auch Menschen in der Umgebung der Anlagen zu Trägern dieser multiresistenten Keime würden. Ostendorff betonte, es könne nur noch darum gehen, "wie der Ausstieg aus dem System Massentierhaltung organisiert" werde. Dazu erwarteten die Grünen die Konzepte der Bundesregierung.
CDU/CSU: Antibiotika nur gezielt einsetzen
Der Agrarsprecher der CDU/CSU-Landtagsfraktion in Niedersachsen, Clemens Große Macke, forderte indes eine Versachlichung der Diskussion um multiresistente Keime in der konventionellen Schweinehaltung. Die Ergebnisse machten in erster Linie deutlich, dass die in Tierhaltungsbetrieben vorkommenden MRSA-Keime, im Gegensatz zu den sogenannten Krankenhauskeimen, nur ein sehr geringes Risiko für den Menschen darstellten, erklärte Große Macke. Die Untersuchung habe weiterhin gezeigt, dass sowohl konventionell als auch ökologisch wirtschaftende Betriebe von den Keimen betroffen seien.
Die Vorwürfe der Grünen, eine der Hauptursachen der Ausbreitung seien die Haltung in Großbetrieben und der damit zusammenhängende hohe Einsatz von Antibiotika, wies Große Macke mit Nachdruck zurück. Schon in früheren Untersuchungen wurde dem CDU-Agrarpolitiker zufolge gezeigt, dass keine Abhängigkeit zwischen der Bestandsgröße und dem Einsatz von Antibiotika besteht. Betriebe mit Problemen in diesem Bereich müssten intensiv betreut werden. Große Macke verwies auf die Strategie zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes von Landwirtschaftsminister Gert Lindemann. Dieser Ansatz werde im Wesentlichen durch die Kontrolle und Beratung von Problembetrieben getragen. Niedersachsen habe bei der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung, ebenso wie beim Tierschutzplan, bundesweit eine führende Rolle eingenommen. Der Einsatz von Antibiotika müsse weiterhin gezielt und sorgfältig geschehen. Dieses Bewusstsein müsse auch im Humanbereich und in der Heimtierhaltung ankommen.
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