In dem Beitrag des ARD-Magazins Panorama "Massive Tierschutz-Probleme bei Bauern-Chefs" werden teils schockierende Bilder aus Ställen gezeigt. Eigentümer sollen dem Beitrag zufolge führende Funktionäre von Landwirtschaftsverbänden sein. Der Verdacht gründet sich nach Angaben des NDR auf Aufnahmen, die Aktivisten der Organisation "Animal Rights Watch" (ARIWA) im vergangenen Jahr erstellten und die NDR und Süddeutsche Zeitung überprüft hätten.
Die Bilder sollen unter anderem aus dem Mastbetrieb des Vorsitzenden des Zentralverbandes der Deutschen Schweineproduktion (ZDS), Paul Hegemann stammen; außerdem aus einem Stall des Vorsitzenden des Verbands Deutscher Putenerzeuger, Thomas Storck; weitere Aufnahmen aus einer Ferkelzucht der Genossenschaft von Helmut Gumpert, Präsident des Thüringer Bauernverbands; sowie schließlich vom Familienbetrieb von Johannes Röring, CDU-Bundestagsabgeordneter, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands (WLV) und Vorsitzender des Fachausschusses Schweinefleisch im Deutschen Bauernverband.
Hegemann: 'Schweine sind tierärztlich behandelt worden'
NDR und SZ haben allen verantwortlichen Verbandsvertretern Standbilder aus den Videos geschickt und um Stellungnahmen gebeten. Im Namen von Paul Hegemann erklärte eine Vertreterin des Schweineproduktionsverbandes ZDS zunächst, er könne die Fotos nicht seinem Betrieb zuordnen. Deshalb lehne er ein Interview ab.
Auf weitere Rückfragen und den Verweis auf vorliegende GPS-Daten erklärte der ZDS: "Grundsätzlich bedauern wir das Entstehen solcher Bilder, die es in einer tierwohlgerechten Schweinehaltung zu vermeiden gilt." Ursache für die zu sehenden Verletzungen und Erkrankungen der Tiere seien Kannibalismus beziehungsweise ein Infektionsgeschehen. Die Schweine seien jedoch tierärztlich behandelt worden. Die erkennbaren Verschmutzungen würden "aus der Verfütterung von Nebenprodukten der Backwarenindustrie seit dem Frühjahr 2015" resultieren.
Röring wehrt sich gegen Vorwürfe
Auch auf dem Familienbetrieb von WLV-Präsident Johannes Röring in Vreden (NRW) soll es dem Panorama-Beitrag zufolge zu schwerwiegenden Problemen gekommen sein. So würden die Spaltenböden teils zu große Abstände aufweisen. Ferner lägen die gemessenen Ammoniak-Werte mit mehr als 50 ppm zudem deutlich über der zulässigen Höchstgrenze, heißt es von Seiten der Tierschutz-Aktivisten Diana Plange und Matthias Gauly. Die Bilder zeigen zudem einen Tierkadaver, der von anderen Schweinen angefressen wird.
Johannes Röring hatte zunächst zugesagt, sich nach einer Prüfung der Bilder in einem Interview zu äußern. Ein Termin dafür sei jedoch nicht zustande gekommen. Stattdessen schickte die Röring GbR laut NDR ein Anwaltsschreiben. Darin heißt es, die Haltungsbedingungen im Stall seien zum Zeitpunkt der Bildaufnahmen "einwandfrei" gewesen. Der Kadaver sei "erst kurz vor der Aufnahme in das Abteil gelegt worden", um es dort zu fotografieren, heißt es in dem Schreiben. "Denn die anderen Schweine würden einen Kadaver, der dort abgelegt wird, sofort als Futter ansehen und damit beginnen, es aufzufressen." Entsprechende Bissverletzungen seien auf dem Bild jedoch nicht zu sehen. Die Tierschutz-Aktivisten von ARIWA bestreiten, den Kadaver dort hingelegt zu haben.
Agrarprodukte Laskau GmbH geht Verdacht nach
Weitere Aufnahmen der Organisation, die NDR und SZ vorliegen, sollen aus einer Ferkelzucht der Agrarprodukte Laskau GmbH in Thüringen stammen. Einer der beiden Geschäftsführer des Unternehmens ist Helmut Gumpert, Präsident des Thüringer Landesbauernverbandes. Auf den Bilder einer versteckt angebrachten Kamera ist zu sehen, wie eine Tierbetreuerin neugeborene Ferkel auf den Betonboden schleudert, um sie töten.
Die Agrarprodukte Laskau GmbH teilte auf Anfrage von NDR und SZ mit, dass es in dem Betrieb "strenge Vorgaben für die Nottötung von Ferkeln" gebe. Bislang seien der Geschäftsführung keine Verstöße dagegen bekannt. Der Verdacht werde jedoch "sehr ernst" genommen und ihm "betriebsintern nachgegangen". Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass "Nottötungen weisungswidrig durchgeführt wurden", werde der Betrieb "arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehen".
ZDG Vizepräsident räumt Probleme ein
Die Tierschutz-Aktivisten haben auch in einem Putenstall der Gut Jäglitz GmbH in Roddahn / Brandenburg gefilmt. Inhaber und Geschäftsführer ist der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Putenerzeuger (VDP) und Vize-Präsident des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), Thomas Storck. Die Bilder sollen in der Zeit zwischen Juli und Dezember 2015 gedreht worden sein. Sie zeigen Tiere mit Erkrankungen und teils erheblichen Verletzungen.
Thomas Storck räumte auf Anfrage von NDR und SZ die Probleme ein. Er erklärte demzufolge, dass es sich um "erschreckende", "schlimme Bilder" handele. Er sei "in höchstem Maße betroffen und traurig". Allerdings seien die Bilder "nicht repräsentativ für den Zustand der gesamten Herde". Außerdem sei er selbst im Herbst vergangenen Jahres auf die Probleme aufmerksam geworden. Die zuständigen Tierbetreuer habe er bereits Anfang 2016 entlassen. Mittlerweile würden die Anlagen wieder ordnungsgemäß geführt. Er stehe "aus Überzeugung für eine tiergerechte Putenhaltung", erklärt Storck.
Quelle: NDR
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