Greenpeace hat von Juristen überprüfen lassen, ob die konventionelle Mastschweinehaltung, wie es die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vorschreibt, mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist. Das Rechtsgutachten enthält das Ergebnis: Demnach verstoße die derzeit zulässige Schweinehaltung gegen das Tierschutzgesetz. Greenpeace versucht nun, eine Landesregierung dazu zu bewegen, eine Normenkontrollklage einzureichen, wie es sie schon zur Legehennenhaltung gab.
DBV steht zur Schweinehaltung: "Normenkontrollklage ist unverantwortlich"
Mit großem Unverständnis reagiert der Deutsche Bauernverband (DBV) in einer ersten Bewertung auf das Rechtsgutachten. "Nach dem bisher bekannt gewordenen Inhalt scheinen die juristischen Aussagen wenig belastbar zu sein", heißt es vonseiten des DBV. Die Schweinehaltung unterliege einem dichten Gesetzes- und Regelungsgefüge sowie einem engmaschigen Kontrollsystem durch die zuständigen Veterinärbehörden und durch Eigenkontrollen der Wirtschaft, wie der DBV betont. Die Tierhaltungsverfahren würden ständig nach aktuellen Erkenntnissen aus Wissenschaft und Praxis weiterentwickelt, so der DBV. Das erfolge mit ständiger Begleitung von Wissenschaft, Beratung und Veterinären auf Basis der sich ebenfalls weiterentwickelnden gesetzlichen Regelungen.
"Die jetzt von Greenpeace vorgeschlagene Normenkontrollklage würde die laufenden und kommenden Anstrengungen für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung konterkarieren, weil zusätzliche Rechtsunsicherheit entsteht", mahnt der DBV. Ein solches Vorgehen hält der DBV für unverantwortlich und legt den Schluss nahe, dass es Greenpeace weniger um die Verbesserung als vielmehr um die Abschaffung der Tierhaltung und Verlagerung ins Ausland zu gehen scheint.
ISN fordert Greenpeace auf, sich an Arbeitskreisen zu beteiligen
Auch die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) reagierte mit Unverständnis auf das Gutachten: "Dass ein rechtliches Gutachten, welches von Greenpeace zusammen mit Tierrechtlern vorangetrieben wird, welche die Nutztierhaltung in Deutschland abschaffen wollen, so aussieht, wie es nun aussieht, ist wenig verwunderlich. Wenig überraschend ist auch, dass es gerade jetzt platziert wird. Stehen doch Schleswig-Holstein und NRW kurz vor der Landtagswahl und auch der Wahlkampf im Bund und in Niedersachsen ist bereits in vollem Gang. Aus unserer Sicht ist das Gutachten in keiner Weise nachvollziehbar." Die Regelungs- und Kontrolldichte in der Schweinehaltung in Deutschland sei sehr hoch. Die ISN gibt zu: "Verbesserungspotential ist da und daran wird mit Hochdruck gearbeitet."
Die ISN fordert ihrerseits: Greenpeace solle sich weniger rechtlich sondern mehr fachlich mit dem Thema Tierhaltung auseinandersetzen. "Viele Runde Tische und Arbeitskreise – an denen wir übrigens eine konstruktive Mitarbeit von Greenpeace vermissen - setzen sich damit auseinander, wie die Tierhaltung in Deutschland weiterentwickelt werden kann." Die ISN gibt außerdem zu bedenken, dass viele Landwirte die Ställe hin zu mehr Tierwohl umrüsten wollen, aber an komplexen genehmigungsrechtlichen Hürden scheitern. Es gibt in der Praxis erhebliche Zielkonflikte bei der Umsetzung von mehr Tierwohl im Stall, z.B. mit dem Immissionsschutz.
AbL befürwortet Änderungsvorschläge von Greenpeace
Der Landesverband Niedersachsen/Bremen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßt das Greenpeace-Rechtsgutachten. Die Forderungen des Greenpeace-Gutachtens nach einer zügigen Umsetzung einer artgerechteren Mastschweinehaltung müsse die Bundesregierung nun endlich mit einem Tierschutzplan umsetzen, ehe dies mit Klagen durchgesetzt werde. Hierzu gehöre laut AbL auch eine rasche trilaterale Vereinbarung der Haupterzeugungsländer Deutschland, Niederlande und Dänemark und ein ausreichend finanziertes Umbauprogramm – gemäß den Vorschlägen des Wissenschaftlichen Beirats des Agrarministeriums in seinem Gutachten zur Zukunft der Nutztierhaltung. Dies liege auch im Interesse aller mittelständischen Schweinehalter, die dadurch endlich eine klare Zukunftsperspektive mit "Klasse statt Masse" zu fairen Erzeugerpreisen bekämen.
Unterstützung für Greenpeace von Grünen-Politikern Ostendorff und Maisch
Die Bundestags-Politiker von Bündnis 90/Die Grünen Nicole Maisch, Sprecherin für Tierschutzpolitik, und Friedrich Ostendorff, Sprecher für Agrarpolitik, begrüßen das Engagement von Greenpeace ebenfalls. Ihr Vorwurf: Die Agrarpolitik der großen Koalition beuge das geltende Tierschutzrecht auf Kosten der Tiere. Die Tierschutznutztierhaltungsverordnung müsse grundlegend überarbeitet werden. Gleichzeitig kritisieren die Grünen-Politiker Minister Schmidt und sein geplantes Tierwohllabel: "Vollspaltenböden aus Beton, kupierte Schwänze und vierwöchige Kastenstandhaltung in der Säugezeit – all das soll nach Schmidtscher Logik als Tierwohl verkauft werden. Dass die Tierschutzorganisationen da nicht länger mitmachen, ist klar."
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