"Es ist wie in einem Boxkampf. Es gibt eine Faust von links, eine von rechts, eine in die Magengrube. Der Landwirt liegt am Boden. Keiner hilft ihm auf die Beine - im Gegenteil, es wird noch nachgetreten", so beschreibt ein Schweinehalter in der agrarheute-Facebook-Gruppe für Schweinehalter die derzeitige Situation am Schweinemarkt. Zum Weitermachen und zum Aufhören fehlten die Alternativen.
Trotzdem sind sich die Schweinehalter in der agrarheute Facebook-Gruppe weitestgehend einig: "Wir müssen das Tief irgendwie überstehen!" Für viele von Ihnen ist dieses Tief auf dem Schweinemarkt jedoch existenzbedrohend. Ob sie es überstehen, können viele nicht absehen.
Eine Schweinehalterin aus Bayern schreibt in der Facebook-Gruppe: "Wir planen gar nichts mehr. Unsere Sauen gehen, wenn möglich, zur Sammelstelle. Wir besamen keine Sauen mehr und ich schaue, dass ich mir einen dritten Job suche. Wir halten den Kopf so lange es geht über Wasser." Ähnlich geht es auch einer anderen Schweinehalterin. "Wir wollen unseren Bestand abbauen, doch wir kriegen die Tiere nicht vom Hof", berichtet sie.
Einige ihrer Kollegen zehren grad von der guten Ernte. Für andere sind verlässliche Partner der Retter in der Not. "Wir konnten zum Glück die ganze Zeit Ferkel zu den abgemachten Bedingungen verkaufen und unsere Partner wollen auch in den nächsten Wochen weiter kaufen", berichtet ein Schweinehalter aus Niedersachsen. Neue Sauen wolle er aber erst einmal nicht einstallen und auch die Altsauen werden reduziert. Doch auch er sagt: "Wenn das Tief noch lange so weiter geht, wird es schwierig."
Schweinehalter am Boden: Verlust von 15 Euro je Schwein
"Wir gehören mit 1.000 Sauen nicht zu den kleinen Schweinehaltern", schreibt ein Landwirt in einer privaten Nachricht an agrarheute auf unsere Anfrage in der Facebook-Gruppe. "Wenn es so weitergeht, hören wir zum Ende des Jahres auf. Ich kann einfach nicht mehr, sowohl seelisch als auch nervlich! Ich habe das Gefühl, dass nichts an der aktuellen Schweinhaltung gut ist. Alles soll anders gemacht werden. Wir haben in den letzten 10 Jahren etwa 3 Mio. Euro investiert. Wenn ich jetzt alles auf Haltungsstufe 3 oder 4 umbauen möchte, muss ich noch einmal 4 Mio. Euro investieren. Ich sehe in der Sauenhaltung keine Zukunft mehr. Mit fast 40 Jahren ist das wirklich sehr traurig."
Andere haben bereits Anfang des Jahres die Sauenhaltung aufgegeben. "Meine Idee war es eigentlich auf Tierwohl-Mast umzubauen, aber noch etwa 750.000 Euro zu investieren, wenn der LEH lieber im Ausland einkauft, ist mir zu riskant. Man hat es ja bei der ITW gesehen: Das wird schnell der Standard und dann bekomme ich vielleicht wieder nur die normale Notierung - das kann ich nicht tragen", sagt er. "Ich bin tatsächlich sehr, sehr glücklich, diese Entscheidung getroffen zu haben, keine Tiere mehr zu halten. Ich mache meinen Ackerbau und gehe nebenbei arbeiten. Bekomme am Ende des Monats Geld und kann auch mal 14 Tage in den Urlaub fahren. Wenn man 60 bis 70 Stunden die Woche auf dem eigenen Hof knechtet und dafür kein Lohn bekommt, ist vieles verkehrt."
"Wir betreiben zur Zeit ein teures Hobby. Selbst bei den geringen Ferkelpreisen haben wir mit der letzten Abholung der Schlachtschweine einen Verlust von 15 Euro je Schwein gemacht. Im Moment ist der Eifer also nicht sehr groß, nochmals neue Ferkel einzustallen", ergänzt ein Berufskollege.
agrarheute-Umfrage: Wie steht es um die Zukunft der Schweinehaltung
Der Schweinemarkt verunsichert nicht nur Schweinehalter. Auch Berufskollegen sorgen sich um die deutsche Schweinehaltung. Das ist das aktuelle Zwischenergebnis einer Umfrage auf agrarheute.com. 26 Prozent der Teilnehmer sind Schweinehalter und verunsichert, wie die aktuelle Situation weitergehen soll. Weitere 22 Prozent sind Schweinehalter und planen, ihre Tierhaltung innerhalb der nächsten 5 Jahre aufzugeben. 34 Prozent geben an, keine Schweinehalter zu sein, sich aber um die deutsche Schweinehaltung zu sorgen.
Umbau auf Tierwohl-Stufen als Zukunftsperspektive für einzelne Schweinehalter
Trotz der Krise am Schweinemarkt blicken einige Landwirte in der Facebook-Gruppe für Schweinehalter auch positiv in die Zukunft. "Wir sind gerade in der Genehmigungsphase für unseren neuen Stall mit der Labelstufe 4, keine Gülle, wean to finish, Kompostherstellung und so weiter. Es wird ein Forschungsstall für unser Haltungssystem. Und wenn mein Sohn es will, planen wir den Einstieg in die Sauenhaltung nach den Borchert-Haltungsstufen 2 oder 3. Ich weiß, dass das in der jetzigen Zeit ein bisschen verrückt klingt, aber ich will vorne mitmischen", berichtet ein Landwirt aus Niedersachsen.
Ein Kollege aus Bayern hält an seinem eingeschlagenen Kurs fest: "Ich mache weiter wie bisher. Warum sollte ich was daran ändern. Die Kosten halte ich auch in guten Zeiten niedrig. Ferkel und Sauen werden versorgt wie bisher. Meine Mäster kaufen weiterhin meine Ferkel und fahren mit 45 Euro inklusive Zuschläge brutto sicher auch nicht verkehrt. Zurzeit habe ich aufgrund zu vieler Jungsauen die Qual der Wahl, was ich bei den Altsauen aussortiere. Geholt wird alles. Auch Spanferkel sind kein Problem. Investitionen sind nicht geplant, waren es aber auch vor eineinhalb Jahren nicht. Ich verbringe gerade die Abende für die Buchführung, damit ich die Coronahilfen beantragen kann."
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