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Schweinemast: Füttern wie die Profis

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am Montag, 29.06.2020 - 05:00 (2 Kommentare)

Richard Büchl und seine Tochter Lisa ziehen in der Mast alle Register. Im Mittelpunkt steht ein ausgeklügeltes Fütterungsmanagement.

Es liegt ein angenehmer Duft in der Stallluft. Es riecht mehr nach Zitrone und Minze als nach dem zu erwartenden Schweine-Odeur. „Wir vernebeln in Abständen von etwa 3 Stunden für jeweils 35 Sekunden eine Mischung aus ätherischen Ölen im Stall. Das bindet Staub und ist gut für die Atemwege, bei Mensch und Tier gleichermaßen“, erklärt Richard Büchl die Hintergründe.
Das Ganze erfolgt vollautomatisch mithilfe einer modernen Vernebelungsanlage, mit der der 49-jährige Schweinemäster aus dem niederbayerischen Hohenthann im Landkreis Landshut gleich vier Fliegen mit einer Klappe schlägt. „Mit der Anlage können wir außerdem die Abteile einweichen, sie desinfizieren und im Sommer die Tiere kühlen“, sagt der Landwirt.

Neuer Maststall mit Luftwäscher

Auf dem neuesten Stand ist auf dem Hof von Richard Büchl, der gemeinsam mit seiner Frau Irene (48) und Tochter Lisa (21) als potenzieller Hofnachfolgerin den Betrieb mit Schweinemast und 170 ha Ackerland bewirtschaftet, nicht nur die Vernebelungsanlage. Schmuckstück des Betriebs ist der im letzten Jahr eingeweihte neue HL-Maststall für knapp 1.500 Tiere mit Großgruppen à rund 400 Schweinen und Sortierschleusen.
Von außen fällt sofort der im Dachraum installierte Luftwäscher ins Auge. „Wir hatten bereits eine Baugenehmigung ohne Wäscher, haben uns dann aber mit Blick auf die Zukunft für den Einbau entschieden. Ich hoffe, die damit verbundenen höheren Kosten von etwa 1,50 bis 2 Euro pro Mastschwein sind gut investiertes Geld“, sagt Richard Büchl.
Der ursprünglich mit Schwefelsäure betriebene Luftwäscher arbeitet heute auf Basis von Bakterien, die in der Filterschicht leben und Ammoniak, Staub und Geruchsstoffe aus der Luft entfernen. „Ich habe hier sehr gute Erfahrungen mit milchsäurebildenden Bakterien gemacht, die mir auch den pH-Wert im Wasser des Wäschers im gewünschten Bereich zwischen 6,6 und 6,8 halten“, erklärt der Mäster, der zudem die relativ niedrigen Betriebskosten des Systems schätzt.

Effektive Mikroorganismen

Bakterien, besser die sogenannten effektiven Mikroorganismen (EM), spielen generell eine wichtige Rolle im Betrieb. Seit einigen Jahren bereits setzt Richard Büchl sie in der Gülle erfolgreich gegen Schwimmschichten und Fliegen ein. „Zudem haben wir festgestellt, dass die Gülle durch die EM fließfähiger wird und weniger stinkt“, sagt der Landwirt, der die Bakterien auch in der Maiskornsilage nutzt, einer Hauptfutterkomponente für seine Mastschweine.
Um die Kosten für die EM in Grenzen zu halten, kauft Richard Büchl nur die Urlösung zu und setzt sie dann mit Rohrzuckermelasse und Gesteinsmehl in einem 2.000-Liter-Milchtank an. „Das funktioniert bei uns sehr gut, verlangt allerdings schon ein gewisses Fingerspitzengefühl“, sagt der Mäster.
Ein gutes Händchen haben die Büchls auch bei der Fütterung ihrer Schweine, bei der sie nahezu alle Register ziehen. Hier kommt jetzt Tocher Lisa ins Spiel, die derzeit noch an der Landwirtschaftsschule in Landshut für ihren Meisterabschluss im kommenden Jahr büffelt, aber schon fest in die betrieblichen Abläufe eingebunden ist. Gemeinsam tüfteln sie, wie die Rationen der Mastschweine weiter optimiert werden können. Als Eigenmischer, die neben Getreide auch verschiedene flüssige Nebenprodukte wie Molke oder Milchzuckermelasse einsetzen, gibt es hier reichlich Potenzial.

Futterzusatz getestet

Zum Beispiel testen sie derzeit unter Federführung von Lisa Büchl in einem Praxisversuch den phytogenen Futterzusatz Digestarom. Den Tipp hierfür bekamen sie von ihrem Ringberater Franz Wilsch, der über gute Erfahrungen damit aus anderen Betrieben berichtete. „Das als Aromastoff eingestufte Produkt soll die Futteraufnahme der Tiere verbessern und auch die Darmgesundheit positiv beeinflussen“, sagt Lisa Büchl.
Um möglichst exakte Ergebnisse zu erzielen, wird der Zusatz während des Versuchs über die gesamte Mastdauer per Medikamentendosierer ins Futter eingemischt, 150 g/t. „Nach Abschluss des Versuchs werden wir das Produkt aber aus arbeitswirtschaftlichen Gründen wie üblich mit dem Mineralfutter verabreichen“, erklärt die junge Landwirtin. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse werde man nämlich den Futterzusatz auch künftig einsetzen.
„Die Kosten hierfür von 70 bis 80 Cent pro Mastschwein sind gut angelegt“, betont Lisa Büchl. Das belegen die in der Tabelle „Mit Futterzusatz höhere Leistungen“ auf Seite 14 zusammengefassten Ergebnisse. Neben höheren Masttagszunahmen, die mit über 1.000 g ohnehin sehr ordentlich sind, hatten die mit Digestarom gefütterten Tiere eine deutlich bessere Futterverwertung und verursachen damit auch geringere Futterkosten.
„Das scheint den positiven Effekt auf den Darm zu belegen“, sagt Lisa Büchl. Das käme vor allem bei ihren Mastschweinen dänischer Genetik zum Tragen, die von Natur aus viel fressen (in der Endmast bis zu 3,5 kg am Tag) und bei denen der Darm der begrenzende Faktor ist. „Wir vermuten zudem, dass der Futterzusatz dazu beiträgt, die gerade bei Nebenprodukten auftretende schwankende Zusammensetzung abzupuffern“, meint die angehende Landwirtschaftsmeisterin. Letztlich wirkten die Tiere vitaler und zeigten auch eine bessere Kotkonsistenz.
Die aktuellen Rationen sind in der Tabelle „Futterrationen auf dem Betrieb Büchl“ dargestellt. Es wird mehrphasig gefüttert, bei gleitenden Übergängen zwischen den einzelnen Rationen.

Cleveres Stallplatzkonzept

Zurück zum neuen Maststall: Alle drei bis vier Wochen werden jeweils etwa 400 Ferkel in die Großgruppenabteile eingestallt. Sie stammen aus einem festen Lieferbetrieb in Sachsen, der seine dänischen Sauen mit Durocebern anpaart.
Um die Stallplätze möglichst ökonomisch zu nutzen, öffnet Richard Büchl das Abteil für die ersten Mastwochen nur zu zwei Dritteln, wobei den maximal 50 kg schweren Tieren jeweils mindestens 0,5 m2 Platz zur Verfügung stehen. „Das verbleibende Drittel kann ich während dieser Zeit noch für die Nachmast einer anderen Haltungsgruppe nutzen“, sagt der Mäster. Ist diese beendet, öffnet er diesen Bereich für die zuletzt eingestallten Tiere, sodass sie dann mit jeweils knapp 1 m2 ausreichend Platz haben.„Auf diese Weise erreiche ich, verbunden mit den hohen Tageszunahmen, 3,4 Umtriebe im Jahr, was die Fixkosten spürbar reduziert“, betont Richard Büchl.

Optimal vermarkten

Herzstück des Haltungssystems sind für den Landwirt die Sortierschleusen. Um zum Futter zu gelangen, dass in 7,70 m langen Trögen per Sensor ad libitum angeboten wird, müssen die Tiere die Schleusen passieren. Hier werden sie optisch vermessen und vermarktungsfähige Schweine automatisch aussortiert. Die Daten werden auf den Stallrechner beziehungsweise aufs Smartphone übertragen, sodass Richard und Lisa Büchl die Vermarktung optimal steuern können.
„Nach etwa 75 Tagen sind die ersten 10 Prozent und der größte Teil der Gruppe dann am 85. Masttag fällig“, sagt Richard Büchl. Spätestens nach 103 bis 105 Tagen würden die Abteile geräumt und anschließend sofort gereinigt und desinfiziert.

„Mithilfe der Sortierschleusen können wir die Sortierverluste stark begrenzen, was sich auch im Schlachterlös bemerkbar macht“, betont der Mäster. Wichtig sei nur, die Balance zwischen den hohen Tageszunahmen und dem Magerfleischanteil im Auge zu behalten. Letzterer liegt im Schnitt bei 58,5 Prozent und damit für Richard Büchl im grünen Bereich. Im Gegensatz zu vielen seiner bayerischen Berufskollegen gehen seine Schweine nämlich nicht in die Metzgervermarktung, sondern werden zum großen Teil bei Tönnies in Weißenfels geschlachtet. 

Den Beitrag und weitere Informationen zum Betrieb finden Sie in der Ausgabe Juni 2020 von agrarheute Schwein.

Schweinemast: Fütterung perfekt abgestimmt

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