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Schweinepreis, Kostenexplosion, Long Covid: 3 Landwirte erzählen

Die Zeiten sind für Schweinehalter alles andere als rosig. Vor allem die hohen Kosten, zum Beispiel für Futter, machen vielen Betrieben zu schaffen.
am Donnerstag, 12.01.2023 - 05:00 (Jetzt kommentieren)

Corona, Ukraine-Krieg, Energiekrise – die letzten drei Jahre waren für Bauern ein Kraftakt. Wir wollten wissen, wie es den Schweinehaltern aktuell geht. Drei Landwirte und Landwirtinnen erzählen.

Betriebsleiter Andreas Rengstorf und Mitarbeiterin Fenna Behrens

Auf dem Betrieb von Andreas Rengstorf mit 400 Sauen im Landkreis Friesland, Niedersachsen, hat sich durch Corona nicht viel verändert. „Corona hatte insoweit Folgen für unseren Betrieb, als dass die Schweineschlachtungen tageweise verschoben wurden“, sagt Mitarbeiterin Fenna Behrens. „Wir hatten alle schon Corona. Nachdem das Schlimmste überstanden war, haben wir ganz normal weitergearbeitet, Arbeitsquarantäne sozusagen. Langzeitfolgen haben wir keine."

Der Ukraine-Konflikt hat weit größere Auswirkungen. Für die Saison 2023 hat der Betrieb Dünger und Diesel günstig vorgekauft. Beim Futter ist die Situation anders. „Im Herbst 2021 haben wir Kontrakte bis März 2022 abgeschlossen“, sagt die 32-jährige Fenna Behrens. „Im Nachhinein betrachtet war diese Entscheidung falsch, aber keiner konnte den Ukraine-Konflikt vorhersehen.“ Im Vergleich von Kontrakt und Tagespreis ist viel Geld verloren gegangen. „Für unseren Betrieb ist es aber durch die aktuell hohen Preise im Ackerbau möglich, einen Teil der Verluste auszugleichen.“ 

"Uns sind bisher keine Tierwohlboni gekürzt worden"

Beim Thema Strom sind Andreas Rengstorf und Fenna Behrens gut aufgestellt. „Unsere Ställe sind sehr energieeffizient. Wir haben überall Wärmerückgewinnungen und frequenzgesteuerte Motoren eingebaut.“ Die Hälfte des Stroms produzieren sie über Solaranlagen.

Bei den Ferkelnestern suchen sie aktuell noch nach einer Alternative. Aktuell beheizen sie die Ferkelnester mit Erdgas. „Eine technisch machbare Lösung zu finden, ist gar nicht so einfach“, sagt sie. „Zudem sind viele Firmen wegen Personalmangel und hohem Auftragsaufkommen überlastet, sodass wir lange auf ein Angebot warten müssen.“

Andreas Rengstorf und Fenna Behrens produzieren circa 15.000 Ferkel im Jahr und verkaufen rund 3.500 Stück. „Wir nehmen mit unseren Ferkeln, Sauen und Mastschweinen an der Initiative Tierwohl teil“, sagt Fenna Behrens. Alle sind in der Haltungsstufe 2. „Bisher sind uns keine Tierwohlboni gekürzt worden."

Ihre Tiere verkaufen sie über eine Erzeugergemeinschaft. „Aktuell bekommen wir den VEZG-Preis (Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch) für unsere Mastschweine“, sagt sie. Die Ferkel werden auch nach VEZG-Preis plus Impfzuschlag abgerechnet.

Hier geht's zum Instagram-Account von Andreas Rengstorf und Fenna Behrens: @ferkelflitzer_rotenhahn

Julia Schmidt: „Seit dem Ukraine-Krieg sinkt die Nachfrage nach unserem Bioschweinefleisch stark“

Julia-Schmid-Profilbild

Bei Julia Schmidt aus Neufraunhofen in Bayern waren die letzten Jahre von Corona und dem Ukraine-Krieg geprägt. „Wir gehören Gott sei Dank nicht zur Risikogruppe und haben die Corona-Infektion ohne Long Covid oder andere Langzeitfolgen überstanden“, sagt die 33-jährige. Zusammen mit ihrem Mann hält sie 120 Biomastschweine.

„Für unseren landwirtschaftlichen Betrieb hatte die weltweite Corona-Krise jedoch starke Auswirkungen.“ So war plötzlich die heimische Landwirtschaft wieder gefragt. Regional, saisonal und auch Bio boomten. Die Nachfrage nach Biofleisch, sei es Schwein oder Rind, stieg an. „Das war ein erfreuliches, aber leider nicht sehr lang andauerndes Phänomen“, sagt sie. Mit dem Ende Februar 2022 beginnenden Krieg in der Ukraine kam die Rolle rückwärts. „Neben den stark erhöhten Energiekosten und Dieselpreisen sinkt aktuell die Nachfrage nach unserem Bioschweinefleisch stark.“ Sie verkauft das Fleisch ihrer Bioschweine über eine Biovermarktungsgesellschaft.

Landwirtin: "Ich wünsche mir eine Politik, die für die deutsche, regionale Landwirtschaft ist"

Beim Thema Strom ist Julia Schmid relativ entspannt. Mit einem mehrtägigen Stromausfall rechnet sie nicht. „Deshalb haben wir uns darauf nicht wirklich vorbereitet“, sagt sie. „Für kurzfristige Stromausfälle haben wir einen Zapfwellengenerator und einen Stromspeicher.“

Julia Schmid wünscht sich, dass das neue Jahr 2023 besser wird. „Ich wünsche mir mehr Stabilität und eine Politik, die für die deutsche, regionale Landwirtschaft ist“, sagt sie.

Hier geht's zum Instagram-Account von Julia Schmid: @frauleindeere

Lisa Ladewig: „Corona hat uns als Direktvermarkter gepusht" – dann kam die Energiekrise

Lisa Ladewig ist 37 Jahre alt und hält Mastschweine im Freiland zur Direktvermarktung in Besenthal, Schleswig-Holstein.

Bei Lisa Ladewig aus Besenthal in Schleswig-Holstein liefen die letzten zwei Jahre nur im Ausnahmezustand. Eine Katastrophe jagte die nächste. „Erst waren die Menschen durch Corona verunsichert“, sagt sie. „Der Ukraine-Krieg und die damit einhergehenden Preissteigerungen machen es nicht besser.“ Für sie ist klar: „Niemand weiß, was kommt.“ Das merkt sie auch beim Verbraucher in ihrem Hofladen. „Er kauft sehr unterschiedlich und oft nicht vorhersehbar ein“, sagt sie. „Corona hat uns als Direktvermarkter gepusht.“ Lisa Ladewig merkte, dass die Kunden gern zu ihr in den Hofladen kamen, um ihr Schweinefleisch zu kaufen und um dem Trubel im Supermarkt zu entgehen. „Viele haben dadurch erst den Einkauf im Hofladen schätzen gelernt“, sagt sie. Die Preissteigerungen im Energiebereich und auch im Lebensmittelbereich führten jedoch dazu, dass viele Kunden ihr Einkaufsverhalten änderten. „Manche Kunden kommen teilweise gar nicht mehr“, sagt sie. 

Direktvermarkterin will Schweinebestand im Freiland aufstocken

Trotzdem ist Lisa Ladewig zufrieden. „Zum Glück müssen wir im Bereich Fleischvermarktung nicht mit dem Großhandel zusammenarbeiten, sodass wir unsere Preise im Hofladen selbst bestimmen können“, sagt die 37-jährige.

Auch den Betrieb von Lisa Ladewig haben die Preissteigerungen im Energiebereich getroffen. Diesel kostet doppelt so viel wie noch vor einem Jahr. „Dünger mussten wir durchschnittlich für den dreifachen Preis im Vergleich zum Vorjahr einkaufen, obwohl mein Mann schon sehr früh alle nötigen Kontrakte abgeschlossen hatte“, sagt sie.

Aktuell hält Lisa Ladewig 20 Mastschweine im Freiland zur Direktvermarktung. Das soll aber bald anders werden. „Wir wollen unseren Bestand an Schweinen aufstocken, da die Nachfrage wirklich gut ist“, sagt sie. Sie weiß aber noch nicht, wie viele Tiere genehmigt werden. „ Das hängt ja leider auch mit dem Veterinäramt und dem ASP-Druck zusammen“, sagt sie.

Hier geht's zum Instagram-Account von Lisa Ladewig: @lilahofladen

Das sind die Wünsche der Landwirte für 2023

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