Schweinehalter Bollmann (Name geändert) traute seinen Augen kaum, als er an diesem Morgen in den Abferkelstall kommt. In zwei Buchten mit zwei Tage alten Ferkeln fallen Tiere mit ungewöhnlichen Hautveränderungen auf. Sie sind blass und ihre Körper mit dunkelblau bis lila verfärbten Stellen übersät. Der Landwirt steht vor einem Rätsel. Zumal die Ferkel am Tag zuvor noch munter und fidel waren.
Thrombozytopenische Purpura: Blutergüsse am ganzen Körper
Beunruhigt ruft der Sauenhalter seinen Tierarzt an und beschreibt die genauen Symptome: „So schöne Ferkel und nun sehen sie aus wie Biester. Sie sind blass, haben blutunterlaufende Ohren, Blutergüsse am Bauch und Innenschenkel und Kratzspuren über den gesamten Körper verteilt“. Im Gespräch ergibt sich, dass die betroffenen Ferkel alle von einer Sau (eine Altsau) stammen, kein weiterer Wurf betroffen ist und auch kein Rattengift zugänglich herumliegt.
Daraufhin stellt der Tierarzt die nicht alltägliche Diagnose Thrombozytopenische Purpura. Als sofortige Maßnahme soll Bollmann alle Ferkel an eine andere Sau setzen und den eingesetzten Besamungseber zurückverfolgen.
Vatertier ist für gestörte Blutgerinnung verantwortlich
Die Thrombozytopenische Purpura ist eine noch nicht gänzlich aufgeklärte Erkrankung. Bisher geht man davon aus, dass die Muttersau nach wiederholter Anpaarung mit demselben Eber – weshalb dieses Phänomen nur bei Altsauen auftritt – während der Trächtigkeit Antikörper gegen die Thrombozyten des Vatertiers bildet. Thrombozyten sind die weißen Blutplättchen, die für die Blutgerinnung sorgen.
Die gebildeten Antikörper gibt die Sau über die Biestmilch an die Ferkel ab. Aufgrund der genetischen Verwandtschaft werden die ferkeleigenen Thrombozyten von den mit der Biestmilch aufgenommenen Antikörpern abgefangen. Die Thrombozytenkonzentration des Ferkels sinkt und führt dazu, dass die Blutgerinnung gehemmt wird und es zu den beschriebenen Symptomen kommt.
Saugferkelmanagement spielt entscheidene Rolle
Da Bollmann aufgrund der guten Tierbeobachtung diese Anzeichen früh erkannt hatte und sofort seinen Tierarzt infomierte, konnte schnell gehandelt werden. Mit Erfolg: Alle Ferkel haben überlebt und nach einer Woche war ihnen nichts mehr anzusehen. Wird der betroffene Wurf schnell von der Muttersau getrennt, können die Ferkel vollständig genesen.
Nicht so glimpflich verlief diese Erkrankung in einem weiteren Betrieb, denn nicht immer kommt es zu einer vollständigen Genesung. Die Thrombozytopenische Purpura hat nämlich noch ein zweites Gesicht. Was in diesem Betrieb passierte und welche Rolle die Kolostrumversorgung der Ferkel im Zusammenhang mit dieser Errkrankung spielt, lesen Sie ausführlich im Beitrag „Blasse Saugferkel mit Blutergüssen" in der Januar-Ausgabe 2021 von agrarheute Schwein ab Seite 38.
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