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Aus der Wirtschaft

Spaltenweiten: NRW und Niedersachsen akzeptieren Toleranzen

am Montag, 06.08.2012 - 13:01 (Jetzt kommentieren)

Damme - Ab dem 1. Januar 2013 gelten in europäischen Schweinemastställen neue Schlitzweiten bei Spaltenböden. 18 mm sind dann das gesetzte Maß in der Schweinemast. Zentrale Frage: Sind Toleranzen drin? "Klare" Antwort: Ja, aber ...

In den letzten Wochen gab es reichlich Verwirrung um mögliche Toleranzen bei den Schlitzweiten, denn in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sind diese nicht enthalten. Für Aufsehen hatte jedoch die Aussage eines Vertreters der EU-Kommission gesorgt, nach der gewisse Toleranzen bei den Spaltenbreiten doch zulässig seien. In der Folge war es unklar, wie nun in Deutschland mit Abweichungen von diesen exakten Maßen umgegangen wird. Diese können sowohl bei der Fertigung der Betonspalten oder aber auch bei der anschließenden Verlegung entstehen.
 
Auch die Frage, wie groß der Spielraum dann sein würde, war bis dato somit unklar. Viele Fragezeichen also, die es angesichts der knappen Terminstellung für die Umrüstung bis zum 31. Dezember 2012 schnellstmöglich zu beseitigen galt. Die ISN - wie viele andere Organisationen der grünen Seite auch - hatte dies gegenüber den zuständigen Stellen deutlich angemahnt.

Nun kommt endlich Bewegung in die Angelegenheit:

Vor allem aufgrund der "regen Nachfrage" von grüner Seite hat es in den letzten Wochen verschiedene Abstimmungsgespräche zwischen den zuständigen Stellen auf Bundes- und Länderebene gegeben. Nun wurde eine bundesweit einheitliche Sprachregelung gefunden. Im Ergebnis sind danach Toleranzen im Ausnahmefall möglich. Die grundsätzlichen Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung über die maximalen Spaltenweiten bleiben davon aber unberührt.
 
Die von der EU-Kommission angeführten Fertigungstoleranzen können unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeits-Grundsatzes aber nur dann als solche betrachtet werden, wenn
  • die Spaltenweite für z.B. den Mastbereich nur punktuell über 18 mm liegt und
  • gleichzeitig keine Verletzungsgefahren für die Tiere einhergehen.

Im Klartext heißt das:

Es bestätigt sich die Aussage, dass eine Toleranz eine Ausnahmeregelung ist und nicht die Regel von der Ausnahme. das heißt es wird weiterhin keine pauschale Abweichung eingeräumt, die Toleranz gilt punktuell für herstellungsbedingte Abweichungen und Abnutzungserscheinungen. Die Entscheidung des Amtsveterinärs, ob eine Toleranz eingeräumt wird oder nicht, hängt von der Beurteilung der Klauengesundheit im Bestand ab. Das Gros der Spalten darf somit - auch mit eingeräumten Toleranzen - zum 1. Januar 2013 nur Schlitzweiten von 18 mm aufweisen.

Schnell Klarheit schaffen

Für von vornherein größer produzierte Spaltenweiten (z.B. Spaltenweite von 20 mm im Mastbereich) werden die Fertigungstoleranzen nicht anerkannt. Tatsächlich größere Spaltenweiten können also nicht durch die Fertigungstoleranz "geheilt" werden. Der Austausch bleibt den meisten Betrieben auch mit Einräumung von Abweichungen somit nicht erspart. Die Umsetzung dieser Sprachregelung/Vorgabe ist nun Ländersache. Erste Bundesländer haben bereits unmittelbar reagiert und mit der Umsetzung der Sprachregelung für Klarheit gesorgt. So haben beispielsweise in Niedersachsen und NRW die Landesministerien über die zuständigen Stellen bereits die Veterinärämter informiert.

ISN: Kein Tierschutz nach Zollstock

Die ISN geht davon aus, dass andere Bundesländer jetzt ebenfalls dem Beispiel folgen und schnell nachziehen. Dies hatte ISN-Vorsitzender Heinrich Dierkes auch erst kürzlich von den verantwortlichen Stellen eingefordert: "Wir brauchen endlich eine praxisnahe Lösung und keinen Tierschutz per Zollstock. Bund und Länder sind hier gleichermaßen gefordert, jetzt schnell Klarheit zu schaffen." so Dierkes im Juni.
 
Ohne Toleranzen gehe es jedoch nicht, so der zentrale Kritikpunkt des ISN-Vorsitzenden damals: "Selbst für nagelneue Spalten, die schon in den Ställen liegen, gilt: Wenn der Zahn der Zeit an den Spalten nagt, ergeben sich schnell Abweichungen von 1-2 mm und kein Schweinehalter kann dann, nur weil es auf dem Papier keine Toleranzen gibt, wieder alles raus reißen. Der Bürokratie wäre damit zwar geholfen, wohl kaum aber dem Tierwohl, dem das Ganze ja dienen soll".

Bundeseinheitliche Sprachregelung gefunden

Mit der nun gefundenen Sprachregelung zeigt sich ISN-Vorsitzender Heinrich Dierkes daher zwar entsprechend zufrieden, gleichzeitig appelliert Dierkes aber an die jeweiligen Amtsveterinäre, dies nun auch im Tagesgeschäft tatsächlich praxisnah umzusetzen – viel Zeit bleibt bis 31. Dezember 2012 schließlich nicht mehr. Unterstützt wird seine Forderung von offizieller Seite. In der einem aktuellen Interview in der Land&Forst unterstreicht der niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert Lindemann, dass in Deutschland das Verhältnismäßigkeitsprinzip zum Kernbestand der Rechtsordnung gehöre. Demnach seien marginale Abweichungen z.B. von vorgegebenen Maßen nicht die alleinige Grundlage für weitreichende Umbauanordnungen.

Saugferkel
11 mm
Absatzferkel
14 mm
Zuchtläufer/Mastschweine
18 mm
Jungsauen/Sauen/Eber
20 mm

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