Streit in Berlin: Der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast geht das geplante freiwillige Tierwohllabel von Amtskollegin Julia Klöckner nicht weit genug. Sie will mehr: ein verpflichtendes Tierwohllabel und zwar so schnell wie möglich.
Gestern (18.6.) hat Niedersachsen die Bundesregierung aufgefordert, möglichst zeitnah einen Gesetzesentwurf für ein verpflichtendes Tierwohllabel vorzulegen. Das hatte das Landeskabinett in Hannover in einer Bundesratsinitiative beschlossen.
„Der vom Bund eingeschlagene Weg geht zwar in die richtige Richtung, aber nicht weit genug“, erklärte Barbara Otte-Kinast. Ihr Ziel sei es, mehr Tierwohl in der Fläche zu etablieren, „und zwar verbindlich und so zügig wie möglich.“
Verbraucher sind bereit für Tierwohllabel zu zahlen
Die niedersächsische Landesregierung begründete ihren Vorschlag mit der höheren Zahlungsbereitschaft der Verbraucher für Fleisch und Wurstwaren, die verbindlich und einheitlich gekennzeichnet sind.
Das verpflichtende Tierwohllabel soll auch außerhalb des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) gelten, in der Gastronomie, in Großküchen oder bei Außer-Haus-Verkäufen. Außerdem möchte Niedersachsen eine Herkunftskennzeichnung einführen. Damit will das Land mehr auf die Wünsche der Verbraucher eingehen.
Otte-Kinast: Verbindliches Tierwohllabel braucht Zeit
Barbara Otte-Kinast erklärte, dass ein verpflichtendes Tierwohllabel erst von der EU-Kommission und der Welthandelsorganisation (WTO) notifiziert werden müsse. Das werde „eine gewisse Zeit“ in Anspruch nehmen, so die Agrarministerin.
Gleichzeitig biete sich jedoch die Chance, „dass andere Länder mitziehen und man langfristig eventuell zu EU-weit einheitlichen Regelungen kommt.“ Ein Finanzierungsmodell soll Landwirte bei den für ein höheres Tierwohl notwendigen baulichen und sonstigen Veränderungen unterstützen.
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Verpflichtendes Tierwohllabel: BMEL ist nicht begeistert
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hat den Vorstoß von Barbara Otte-Kinast zurückhaltend aufgenommen. Laut Staatssekretär Dr. Hermann Onko Aeikens sei die sofortigen Einführung eines verpflichtenden Tierwohllabels nicht zielführend.
„Wer eine verpflichtende Kennzeichnung fordert, erweist dem Tierwohl einen Bärendienst“, entgegnete Aeikens. Wegen der rechtlichen Schwierigkeiten gebe es mit einem verpflichtenden Tierwohllabel aber auf unabsehbare Zeit keine Verbesserungen in der Tierhaltung. „Will man schnell weiterkommen, geht das nur mit einer freiwilligen Lösung.“
ISN lobt verbindliches Tierwohllabel
Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands e.V. (ISN) hingegen lobte den niedersächsischen Vorstoß. „Die Bundesratsinitiative ist genau richtig - eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung für Fleisch, die alle Stufen der Erzeugung umfasst, muss endlich her“, sagte die ISN.
Ein freiwilliges Tierwohllabel, so wie Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sie einführen will, reicht der ISN nicht aus. „Denn wer sich allein auf die freiwillige Zahlungsbereitschaft der Verbraucher verlässt, wird auf den Kosten sitzen bleiben“, so die ISN weiter.
Hintergrund: Staatliches Tierwohllabel von Julia Klöckner
Das freiwillige staatliche Tierwohllabel ist ein Projekt von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und steht im Koalitionsvertrag. Das BMEL hat dazu einen Gesetzentwurf und einen Kriterienkatalog für Schweine erarbeitet.
Diese müssen aber noch vom Kabinett, Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Das neue Tierwohllabel soll voraussichtlich ab 2020 zunächst für Schweinefleisch gelten. Die dreistufige Kennzeichnung soll über die Haltungsbedingungen der Tiere von der Geburt bis zur Schlachtung informieren.
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