Tierärzte für Immunokastration in Ökotierhaltung


Update: Nach den Tierärzten spricht sich auch der Deutsche Tierschutzbund und die Tierschutzbeauftragten der Länder für die Impfung gegen Ebergeruch aus. Auch in der ökologischen Schweinehaltung sei es die tierschonenste Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration.
Der Ausschuss für ökologischen Landbau der EU-Kommission vertritt die
Auffassung, dass die Immunokastration nicht den Prinzipien des ökologischen Landbaus
entspräche.
Ein Eingriff in das Hormonsystem der Tiere stehe der ökologischen Grundidee
entgegen. Somit sei nur eine chirurgische Kastration nach Betäubung für ökologisch arbeitende Schweinebestände akzeptabel.
Dieser Auffassung widerspricht die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT).
Chirurgische Kastration wiegt schwerer
Laut der Veterinäre sei die chirurgische Entfernung der Hoden ein viel drastischerer Eingriff in den Hormonhaushalt der Schweine.
Bei dem Impfstoff gegen Ebergeruch handelt es sich nämlich nicht um ein Hormon sondern um ein hormonell vollkommen inaktives synthetisches Imitat eines körpereigenen Botenstoffs. Das geimpfte Tier bildet dagegen Antikörper und diese unterbinden die Einlagerung von Androstenon und Skatol im Fettgewebe der männlichen Schweine, was den unerwünschten Geschlechtsgeruch verursacht.
Die zweimalige Impfung der Tiere sei also im Vergleich zur chirurgischen Entfernung der Hoden, die bei weitem tierschonendste Methode. Die chirurgische Kastration, die die EU-Kommission eigentlich baldmöglichst abschaffen will, verletzt die körperliche Integrität der Tiere weit stärker als die immunologische Senkung des Hormonspiegels.
Darüber hinaus bestehen Narkose- und Operationsrisiken und das Handling der Ferkel bis zur Narkose erzeugt Angst und Stress bei den Tieren.
Ablehnung Immunokastration unverständlich
Es passt nicht in die ökologische Landwirtschaft, die tierschonende Immunokastration abzulehnen, sagt der TVT. Es widerspreche auch den von weiten Teilen der Bevölkerung und auch von der TVT begrüßten Anspruch des ökologischen Landbaus, einer nachhaltigeren und tierschonenderen Produktionsweise von Lebensmitteln tierischen Ursprungs.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) folgt laut TVT bislang leider der unwissenschaftlich und tierschutzfachlich falschen Einschätzung der EU-Kommission.
Die TVT fordert, die Diskriminierung der Immunokastration durch Teile des ökologischen Landbaues und einige Agrarpolitiker zu beenden. Es geht dabei schließlich nicht nur um die Schweine in der Ökohaltung, sondern dies hat auch eine Signalwirkung auf die konventionelle Schweinehaltung.
Update 24. Juli 2020: Deutscher Tierschutzbund kritisiert Verbot von Improvac im Ökolandbau ebenfalls
Der Deutsche Tierschutzbund hat sich in einer Pressemitteilung ebenfalls klar für die Impfung gegen Ebergeruch ausgesprochen. Der Verein hält diese Methode für die tierschutzgerechteste Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration.
Die Tierschützer kritisieren deshalb die Aussage der LÖK scharf. Die Kehrtwende der Ländergemeinschaft sei ein Schlag gegen den Tier- und Verbraucherschutz.
Für Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, ist das Verbot von Improvac im Ökolandbau durch die LÖK absolut unverständlich und inakzeptabel. So habe die EU-Kommission Improvac zwar als „hormonähnliche Substanz“ eingestuft, jedoch vermerkt, dass ihre Auffassung und Einschätzung nicht rechtsbindend seien. Die endgültige Auslegung obliege den Mitgliedsstaaten, so der Präsident.
Update 28. August 2020: Tierschutzbeauftragte auch für Improvac
Auch die Tierschutzbeauftragten der Bundesländer sprechen sich eindeutig dafür aus, die Impfung gegen Ebergeruch im Ökobereich weiter zuzulassen. In einem gemeinsamen Schreiben mit der Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) fordern sie, dass gerade den ökologisch erzeugenden Betrieben nicht die tierschonendste Methode zur Verhinderung des Geschlechtsgeruch des Fleisches bei männlichen Schweinen verwehrt werden dürfe.
Ein möglicher Ablehnungsgrund der EU-Kommission könne sein, dass bei ökologischer Erzeugung der Einsatz von externen Produktionsmitteln auf natürliche oder naturgemäß gewonnene Stoffe zu beschränken sei. Dass bei ökologischer Erzeugung eine chirurgische Kastration mit Schmerz- und/oder Betäubungsmitteln zulässig ist, entkräftet laut Tierschutzbeauftragte und TVT diese Argumentation. Auch Schmerzmittel wie Meloxicam oder Betäubungsmittel wie Isofluran würden keinesfalls natürlich oder naturgemäß gewonnen.
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