Baden-Württemberg: Videos aus dem Schlachthof Gärtringen ausgewertet
Im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Tierquälerei im Schlachthof Gärtringen hat der Landkreis Böblingen, Baden-Württemberg, über 500 Stunden Video-Rohmaterial ausgewertet, um die Frage zu klären, ob amtliche Tierärzte der Veterinäraufsichtsbehörde Dienstpflichten verletzt haben. Auf den Videos sind etwa 600 Schlachtvorgänge, meist von Schweinen aber auch von Rindern und Schafen, zu sehen.
Wie die oben genannten Auswertungen des Rohmaterials ergeben haben, konnten der amtlichen Tierärztin aus dem Video bei vier Schlachtvorgängen Verstöße nachgewiesen werden:
- Zweimal wurden erfolgte Nachbetäubungen nicht pflichtgemäß dokumentiert
- Einmal wurde eine Nachbetäubung trotz ihrer Kenntnisnahme nicht angeordnet
- Einmal wurde der Einsatz eines Elektrotreibers nicht kontrolliert
Nach einer juristischen Bewertung rechtfertigen die Verstöße eine Abmahnung der Behördenmitarbeiterin. Landrat des Kreises Böblingen, Roland Bernhard, äußert sich folgendermaßen dazu: "Für einen glaubwürdigen Neustart des Schlachthofes brauchen wir Kontrollpersonal, das unbefangen ist. Wir werden uns daher von unserem tierärztlichen Personal am Schlachthof Gärtringen einvernehmlich trennen."
Niedersachsen Otte-Kinast verurteilt die Missstände
Hintergrund: Videoaufnahmen der Organisation Deutsches Tierschutzbüro zeigten unsachgemäße Nottötungen von Schweinen. Die Videoaufnahmen wurden Mitte Oktober mit heimlich aufgehängten Kameras erstellt.
Barbara Otte-Kinast: "Die Videoaufnahmen sind erschreckend. Solche Missstände verurteile ich ausdrücklich. Tiere sind Mitgeschöpfe, die von uns Achtung und Fürsorge erhalten müssen. Wir haben den zuständigen Landkreis umgehend per Erlass aufgefordert, uns über die dort ergriffenen Maßnahmen zu berichten."
Tierschutz-Verstöße niedersächsischer Landwirte gemeldet
Laut Deutschem Tierschutzbüro zeigen die Aufnahmen zum Teil sehr verdreckte Stallungen und Buchten, verletzte und abgemagerte Tiere mit blutigen Ohr- und Schwanzverletzungen. Kranke und verletzte Tiere seien von den Landwirten nicht ordnungsgemäß vom Tierarzt behandelt worden. Das zuständige Kreisveterinäramt in Nordhorn sei informiert worden, bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Oldenburg sei Strafanzeige gestellt worden.
Auch die Schlachtunternehmen Tönnies, Goldschmaus, Tümmel, Vion und Westfleisch seien informiert worden. Beide betroffenen Landwirte räumte ihr Fehlverhalten ein.
Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen der Tierschützer könne die Behörde noch nicht abgeben, da die Berichte aus der Überprüfung noch nicht fertiggestellt seien.
Tönnies bezieht Stellung
Nachdem das Unternehmen mit den Vorwürfen konfrontiert wurde, stellte sich jedoch heraus, dass die beiden Erzeugerbetriebe keine Lieferverträge mit Tönnies haben. Tönnies stehe laut eigenen Aussagen mit dem deutschen Tierschutzbüro in direktem Austausch. „Wir gehen jedem Hinweis nach und klären auf. Aber wir stehen nicht für die Fehler anderer gerade", heißt es in der Presseerklärung.
Einer der beiden im Video gezeigten Betriebe sei ein Vertragslandwirt eines großen genossenschaftlichen Wettbewerbers. „Auch wenn der Name Tönnies für die Pressearbeit medienwirksamer erscheint, lassen wir uns nicht für die Zwecke des Tierschutzbüros missbrauchen. Es muss geklärt werden, wohin der absolute Großteil der hier erzeugten Tiere geliefert wurden. Tönnies hat lediglich sporadisch Einzeltiere abgenommen.“
Der zweite Betrieb habe laut Tönnies seit diesem Sommer keine Tiere an Tönnies geliefert. „Wir können ausschließen, dass die in dem Video gezeigten Tiere oder andere ähnlich verletzte Tiere an uns geliefert wurden", erklärte Diese Tiere würden sofort bei der Anlieferung bei der amtlichen Schlachttieruntersuchung und die folgende amtliche Fleischuntersuchung der Veterinärbehörden im Zusammenspiel mit den Schlachtbefunddaten auffallen und Konsequenzen auslösen. Nicht nur unsere Mitarbeiter, sondern vor allem die amtlichen Tierärzte begutachten jeden Tag jedes einzelne angelieferte Tier an unseren Schlachthöfen“, sagt Wilhelm Jaeger, Leiter der Abteilung Landwirtschaft bei Tönnies.
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