Die Forderungen der Gesellschaft und der Politik nach mehr Tierwohl beziehen sich nicht nur auf zukünftige Neubauten, sondern erfordern auch massive Umstellungen in bestehenden Haltungssystemen. All diese Maßnahmen kosten Geld, die über den normalen Markt nicht zusätzlich erlöst werden können. Dazu sind dann Markenfleischprogramme, branchengeführte Initiativen oder staatliche Förderungen notwendig.
Im Folgenden haben Experten der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen am Beispiel eines Betriebs mit 2.000 Mastplätzen einmal kalkuliert, zu welchen Mehrkosten mehr Tierwohl in der Schweinemast führt.
Mehr Platz für die Tiere kostet Mastplätze
Ein wichtiges Kriterium für mehr Tierwohl ist ein erhöhtes Platzangebot. Angesetzt wird hier ein Mindestplatzbedarf von 1 m² je Mastschwein, wovon 0,6 m² als feste Liegefläche mit Stroheinstreu ausgelegt sind.
Kann der Betrieb den zusätzlichen Platzbedarf nicht durch das Erweitern der bestehenden Ställe realisieren, muss der Bestand von 2.000 auf 1.500 Mastplätze abgestockt werden. Daraus ergibt sich ein Verlust von rund 32.000 Euro. Aufgeteilt auf die im Jahr produzierten 4.200 Mastschweine sind das etwa 7,70 Euro pro Tier.
Neben den Kosten für den zusätzlichen Platzbedarf ist auch der zusätzliche Aufwand für das Säubern der Liegefläche einzuplanen. Insbesondere bei starkem Verkoten der Liegebereiche ist eine tägliche Reinigung notwendig. Insgesamt ist allein für das Kriterium „Mehr Platz und eingestreute Liegefläche" mit Mehrkosten von 6 bis 9 Euro je Mastschwein zu kalkulieren.
Stroheinsatz muss gut gemanagt werden
Beim Einsatz von Stroh ist es ratsam, es nicht nur auf die Liegefläche zu werfen, sondern einen Teil den Tieren über eine Raufe anzubieten. Das erhöht die Attraktivität und die Strohverluste lassen sich verringern. Um den Eintrag ins Güllesystem zu minimieren, sollte eine Staustufe an den Enden der Liegefläche geschaffen werden. Im Beispielbetrieb mit 25 Buchten würde der Einbau der Raufen und Staustufen etwa 7.000 Euro kosten.
Hinzu kämen ein Strohlager (3.000 Euro) und Ergänzungen an der Gülletechnik (1.500 Euro), da das Stroh in trockenem, einwandfreien Zustand in den Stall eingebracht werden sollte und der höhere Anteil in der Gülle herkömmliche Systeme vor große Probleme stellt. Insgesamt ist durch den Einsatz von Stroh, inklusive des damit verbundenen Arbeitsaufwands, mit Mehrkosten von rund 3 Euro pro Mastschwein zu rechnen.
Mehr Tierwohl kostet über 25 Euro pro Mastschwein
Rechnet man die einzelnen Kriterien für mehr Tierwohl zusammen, wozu auch zusätzliche Luftkühlungsmaßnahmen im Sommer, der Verzicht auf gentechnisch verändertes Sojaschrot oder der Kupierverzicht gehören, ergeben sich daraus Mehrkosten von etwa 25 Euro je Mastschwein.
Auf der Basis heutiger Produktionskosten für ein Mastschwein (von der Erzeugung bis zur Schlachtung) von rund 170 Euro müsste somit ein Erlös von mindestens 210 Euro je Tier erzielt werden. Das entspricht einem Basispreis (netto) von etwa 2,05 Euro/kg Schlachtgewicht. Diese Kalkulation macht damit deutlich: Ein mehr an Tierwohl ist zum Nulltarif nicht machbar!
Mehr zu diesem Thema lesen Sie im Beitrag „So viel kostet Tierwohl" in der Mai-Ausgabe 2019 von agrarheute Schwein.