Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner treibt ihre Pläne für das freiwillige Tierwohl-Label voran. Sie hat einen Gesetzesentwurf zur Einführung und Verwendung eines Tierwohlkennzeichens vorgelegt, der nach Ressortabstimmung ins Kabinett gebracht werden soll. Der Entwurf sieht ein weitreichendes Vetorecht für das Bundesumweltministerium vor. Insbesondere geht es hier um konkrete Tierwohlanforderungen des Siegels. Der Bundesrat hat hingegen kein Mitspracherecht.
Laut § 22 des Gesetzentwurfes wird das Bundeslandwirtschaftsministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates im Einvernehmen mit dem Bundesumweltministerium die Einzelheiten des Labels zu regeln und dazu Vorschriften zu erlassen. Dies betrifft vor allem Anforderungen an die Haltung, den Transport und die Schlachtung von Tieren, die mit dem Tierwohllabel gekennzeichnet werden sollen.
Politischen Beobachtern zufolge sei dies ein Tauschgeschäft. Für die Zustimmung zur freiwilligen staatlichen Tierwohlkennzeichnung durch das Umweltministerium kommt das Agrarressorts in folgenden Punkten entgegen:
- Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes
- Änderung des Entwurfs für ein Aktionsprogramm Insektenschutz.
Kritik vom Deutschen Bauernverband
Das Einbeziehen des Bundesumweltministeriums in das Tierwohllabel stößt beim Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, auf scharfe Kritik. „Was in dem Gesetzentwurf für das Tierwohllabel steht, kommt einem Offenbarungseid des Bundeslandwirtschaftsministeriums gleich“, erklärte er. Das Agrarressort gebe originäre Kompetenzen an das Bundesumweltministerium ab. Wenn Vorgaben zur Haltung, den Transport und die Schlachtung von Tieren nur noch im Einvernehmen mit dem Umweltministerium festgelegt werden könnten, das keine Kernkompetenzen in Bereichen wie Tierernährung besitze, dann habe er große Zweifel am Erfolg des Tierwohllabels in der Praxis, warnte der DBV-Präsident.
Dr. Hermann Onko Aeikens, Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, wies darauf hin, dass Gesetze und Verordnungen zwischen den Ressorts abgestimmt würden, bevor sie das weitere Verfahren durchliefen. Vor einer Kabinettsbefassung werde immer Einvernehmen zwischen den Ressorts hergestellt.
ISN vermisst Gesamtkonzept
Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) lehnt den Handel zwischen dem Land- und Umweltministerium ab und fordert stattdessen ein schlüssiges Gesamtkonzept für die Tierhaltung. „Wir brauchen ein Paket, das alle verschiedenen Aspekte rund um das Thema Tierwohl berücksichtigt“, sagt der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes. Der Entwurf sei ein für die Praxis unbrauchbares Stückwerk, dass auch noch in jeder politischen Verhandlungsrunde permanent verschlechtert werde, kritisiert Dierkes.
Für ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack gehört das Tierwohllabel nicht in den Kompetenzbereich des Umweltministeriums. Sollte dieser Kompromiss so beschlossen werden, seien weitere, nicht praxisgerechte Vorgaben aus dem Berliner Umweltministerium für die deutsche Schweinehaltung zu befürchten.
Strenge Sanktionen bei Missbrauch des Tierwohllabels
Das Verwenden des Tierwohlkennzeichens muss vom Nutzer bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) angezeigt werden. Die BLE ist auch oberste Überwachungsbehörde für die von ihr zugelassenen Kontrollstellen für die Einhaltung der Tierwohlanforderungen vorgesehen. Grundsätzlich können auch ausländische Lebensmittel tierischer Herkunft das Tierwohlsiegel tragen, wenn das Anzeigeverfahren durchlaufen wird und die Überprüfung vor Ort ebenso wie in Deutschland durchgeführt wird.
Der Gesetzesentwurf sieht darüber hinaus vor, dass die unabhängigen Kontrollstellen alle Nutzer des Tierwohlkennzeichens, die Tiere halten, transportieren oder schlachten, mindestens zweimal im Jahr kontrollieren, davon einmal unangekündigt. Bei Missbrauch des Tierwohllabels ist eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vorgesehen.
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