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Gerichtsurteil

Verhungerte Tiere: Depression beim Landwirt ist keine Rechtfertigung

Gerichtsurteil
am Dienstag, 07.02.2023 - 12:33 (Jetzt kommentieren)

Das Landgericht Osnabrück hat entschieden, dass eine Geldstrafe gerechtfertigt ist – auch, wenn der Landwirt wegen einer Depression vermindert schuldfähig ist.

Die Depression eines Landwirts sei keine Rechtfertigung dafür, mehr als 250 Schweine verhungern zu lassen. So urteilte das Landgericht Osnabrück am Freitag, 3. Februar 2023. Es entschied, dass die Geldstrafe für einen Landwirt aufgrund der erheblichen Leiden der Tiere auch bei verminderter Schuldfähigkeit infolge der Depression gerechtfertigt ist.

Der 65-jährige Landwirt aus Bad Laer im Landkreis Osnabrück hatte geklagt und sich gegen eine Geldstrafe in Höhe von 9.100 Euro wegen Tierquälerei gewehrt.

Nach Selbstanzeige des Landwirts: Amtsveterinäre finden Schweinekadaver

Im September 2021 stellte der Landwirt ohne offensichtlichen Grund die Fütterung seiner mehr als 250 Schweine ein und betrat den Schweinestall wochenlang nicht. Im November 2021 erstattete er beim Landkreis Osnabrück Selbstanzeige. Insgesamt 258 Schweinekadaver wurden anschließend von den Amtstierärzten in dem Stall gefunden. Nur vier Tiere überlebten. Die Kadaver wiesen Anzeichen von Kannibalismus auf. Die Kreisveterinäre versorgten die überlebenden Tiere und entsorgten die Kadaver fachgerecht.

Geständnis vor Gericht: Depression wird bei Strafe berücksichtig

Vor dem Landgericht Bad Iburg hatte der Landwirt die Tierquälerei zugegeben. Er begründete sie mit Überlastung und psychischen Problemen. Ein Sachverständiger stellte fest, dass der Mann zum Zeitpunkt an einer Depression litt. Das Amtsgericht verurteilte den Landwirt daraufhin wegen Tierquälerei zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 70 Euro. Bei der Bemessung der Strafe wurden auch die Depression und die Selbstanzeige des Mannes berücksichtigt.

Geldstrafe und gesparte Futterkosten werden beim Landwirt eingezogen

Der Landwirt hielt die Geldstrafe für zu hoch und zog vor das Landgericht. Das bestätigte aber das ursprüngliche Strafmaß aufgrund der erheblichen Leiden der Tiere. Die Osnabrücker Richter führten aus, dass das Amtsgericht bei der Strafzumessung auch die verminderte Schuldfähigkeit infolge der Depression angemessen berücksichtigt habe. Zusätzlich zur Geldstrafe werden bei dem Landwirt noch mehr als 11.000 Euro wegen der eingesparten Futterkosten eingezogen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte hat die Möglichkeit, es binnen einer Woche mit der Revision zum Oberlandesgericht Oldenburg anzugreifen.
 

Mit Material von Landgericht Osnabrück

Krisenhotline und Telefonseelsorge

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