Im Nordosten der USA seien nach Berichten eines Forscherteams der Tufts University in Medford mehrere Hundert Seehunde und Kegelrobben an der Vogelgrippe mit dem Subtyp H5N1 verendet. Seit einiger Zeit grassiert in vielen Teilen der Erde die schwerste jemals dokumentierte Vogelgrippewelle bei Vögeln. Nun infiziert und tötet die aktuell kursierende Variante des Virus aber auch Säugetiere. In Peru starben nach Angaben der Tufts University kürzlich etwa 3.500 Seelöwen an dem Virus, Kanada meldete ein Robbensterben an der St.-Lorenz-Mündung. Wissenschaftler sorgen sich nun darüber, dass sich das Virus besser an Säugetiere und damit auch an den Menschen anpassen könnte.
FLI: Wildlebende Fleischfresser besonders gefährdet
„Die infizierten Säugetiere haben sich vermutlich über das Fressen toter, infizierter, wilder Wasservögel oder über deren Ausscheidungen angesteckt“, erklärt Dipl. Biol. Elke Reinking, Pressesprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf Anfrage von agrarheute. „Hierbei können die fleischfressenden Wildtiere große Virusmengen aufgenommen haben.“ Solche einzelnen Infektionen seien in Anbetracht der sehr hohen Infektionszahlen in den betroffenen Wildvogelpopulationen nicht unerwartet und immer noch auf einem eher niedrigen Niveau. Mit weiteren Fällen, insbesondere bei wildlebenden Fleischfressern, sei aufgrund der weiten Verbreitung des aviären Influenza-A-Virus H5N1 (HPAIV H5N1) zu rechnen.
Vogelgrippe: Derzeit keine Anzeichen für Gefährdung von Rindern und Schweinen
Nutztiere seien zunächst einmal nicht von einer Infektion mit dem Vogelgrippevirus gefährdet, gibt das FLI an. „Dafür müsste erst einmal der direkte Kontakt zu infizierten Wildvögeln beziehungsweise das Fressen infizierter Wildvögel erfolgen“, erklärt die Sprecherin weiter. Derzeit gebe es keine Hinweise auf eine Empfänglichkeit von Schweinen oder Rindern für die aktuell beim Vogel zirkulierenden hochpathogenen Influenzaviren vom Subtyp H5N1. „Aber auch hier müssen wir aufmerksam bleiben, um etwaige Anpassungen der Viren rechtzeitig zu erkennen.“ Weiterhin gefährdet ist jedoch Hausgeflügel, wie immer neue Ausbrüche in Deutschland zeigen.
Erste Anpassungen des Vogelgrippevirus bei Nerzen in Spanien beobachtet
Nach Angaben des FLI sei das derzeit nahezu weltweit grassierende hochpathogene aviäre Influenzavirus vom Subtyp H5N1 ist in erste Linie ein Vogelvirus, wie die zahlreichen Fälle bei diversen Wildvogelarten zeigten. Durch die hohen Virusmengen in infizierten Wildvögeln und deren Ausscheidungen sind Infektionen von Säugetieren (sogenanntes Spill-over) nicht auszuschließen.
Ein besonderer Fall wurde Ende Oktober 2022 aus Spanien gemeldet, dort gab es einen Ausbruch von HPAIV H5N1 bei Nerzen in einer Pelztierfarm. Nerze gelten aus hochempfänglich für Influenzaviren und die Tiere werden in hoher Zahl auf engem Raum gehalten, was ein Infektionsgeschehen bei diesen Säugetieren begünstigt. Im Falle der Nerze wurde das Virus möglicherweise von Nerz zu Nerz weitergeben. In Proben von Nerzen und vereinzelt auch in Mardern, Füchsen, Robben und Grizzlybären wurden zudem erste anpassende Virusmutation nachgewiesen, die den Viren Vorteile bei der Vermehrung in bestimmten Säugetieren verschaffen. Deshalb ist die genaue Untersuchung von infizierten Säugetieren besonders wichtig, um die Veränderungen des Virus im Auge zu behalten. Die beobachtete Mutation ist aber nur ein erster Schritt in Richtung Anpassung, für eine effektive Übertragung von Säugetier zu Säugetier muss das Virus eine Reihe weiterer Hürden überwinden, wofür es bisher keine Anzeichen gibt.
Besonders gefährdet seien laut FLI Fleischfresser, die in gebieten mit hoher Wasserdichte und vielen Wildvogelarten, die für H5N1 empfänglich sind, leben. Wenn diese Tiere Aas der betroffenen Wildvögel fressen oder mit ihren Ausscheidungen in Kontakt kommen, sei ein Spill-over auf Säugetiere auch in Deutschland nicht auszuschließen, erklärt Elke Reinking vom FLI.
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