Dicke Rauchschwaden hängen über dem Salinas Tal, 30 km vor der Westküste der USA. Im wichtigsten Sonderkulturanbaugebiet Amerikas wachsen normalerweise von Artischocke bis Spinat so ziemlich alle in den USA verzehrten Gemüse- und Salatsorten.
Doch im Herbst 2020 ist alles anders. Auf die Pandemie treffen die schwersten Waldbrände in der Geschichte Kaliforniens. Farmarbeiter waren schon zuvor schwer zu finden. Doch nun offenbaren Virus, Feuer und die aktuelle US-Einwanderungspolitik eine Schwachstelle der amerikanischen Landwirtschaft.
Hightech hilft
So ist es wenig verwunderlich, dass junge Firmen wie FarmWise und GUSS gerade jetzt einen rasanten Aufschwung erleben. Beide haben bereits vor einigen Jahren den zunehmenden Arbeitskräftemangel erkannt und treten ihm mit modernster High-Tech entgegen.
Die Feldroboter von Farmwise befreien Sonderkulturen von Unkraut, die autonomen Feldspritzen von GUSS Nussplantagen. Beide Firmen arbeiten daran, dass nur noch ein Mensch ganze Kolonnen der Roboter dirigiert. Kein Zufall, dass sie sich in Kalifornien angesiedelt haben, wo so viele verschiedene Fruchtsorten das ganze Jahr hindurch heranreifen wie nirgendwo sonst.
Wunder Punkt der US-Landwirtschaft
Sebastian Boyer und Thomas Palomares stammen beide aus Frankreich und wollen nach ihrem Studium in den USA ihr Wissen für den Umweltschutz in der Landwirtschaft anwenden. 2016 helfen sie auf mehreren Betrieben in den USA aus. Dabei erkennen sie schnell, wie sehr es an qualifizierten Arbeitskräften mangelt. Zudem finden sie widersprüchlich, dass die Farmer mehr Pflanzenschutzmittel einsetzten, während die Verbraucher mehr Bioprodukte nachfragten.
2016 gründen sie FarmWise. Ein autonomer Feldroboter soll in Sonderkulturen hacken und die beiden größten Probleme auf einmal angehen.
Sie lassen sich in San Francisco nieder, da hier viele Ingenieure, Programmierer und Elektroniker leben. Zudem tummeln sich hier Risikokapitalgeber, die von ihrer Idee überzeugt sind und in FarmWise investieren. Titan taufen sie ihren Roboter und programmieren ihn darauf, im Feld permanent zwischen „guten“ Pflanzen und anderem Aufwuchs zu unterscheiden sowie letzteren zu eliminieren.
Roboter lernt selbst
Zudem statten sie ihn mit künstlicher Intelligenz aus, die mit jeder Entscheidung dazulernt. Mit einer sehr hohen Zuverlässigkeit erkennt die Software mittlerweile Broccoli, Eisberg- und Kopfsalat sowie Blumenkohl, welche in Reihenkulturen zwischen 1,83 m bis 2,13 m angebaut werden.
In nur 2% aller Fälle hält sie Unkräuter fälschlicherweise noch für eine Frucht und in lediglich 0,4 % hackt sie irrtümlich Kulturpflanzen. Beide Werte übertreffen bereits die Unkrautbekämpfung von Hand.
Nicht nur die Roboter, auch das Geschäftsmodell ist innovativ. Der Landwirt bezahlt FarmWise lediglich einen Festbetrag pro bearbeiteter Fläche und hat mit der Beschaffung oder Wartung der Maschine nichts zu tun.
Autonome Feldspritzen
Auch GUSS läutete vor drei Jahren das Zeitalter der fahrerlosen Feldspritzen ein. Das Akronym steht für „Global Unmanned Spray System“, globales unbemanntes Spritzsystem. Anders als Farmwise war die Firma jedoch nicht auf Risikokapitalgeber angewiesen. GUSS ist aus dem Lohnunternehmen Crinklaw Farm Services hervorgegangen, welches bereits seit 1982 Pflanzenschutz in Sonderkulturen im San Joaquin Tal, östlich von San Francisco, anbietet.
2013 startete GUSS mit der Entwicklung. 2018 stellte die Firma erstmals ihren Sprayer auf der „World Ag Expo“ in Tulare der Öffentlichkeit vor. Eine wirkliche Konkurrenz gebe es bislang nicht, sagt Entwicklungsleiter Chase Schapansky, und zieht für einen Vergleich zu ihrer Technik daher stets eine konventionelle Spritze mit bemanntem Traktor heran.
Niedrige Lohnkosten, hohe Effizienz
Ein Bediener kann bis zu acht Spritzen dirigieren, die zwölf konventionelle Gespanne samt Arbeitern ersetzen. Das senkt die Lohnkosten und steigert die Effizienz. Bei unserem Besuch im August 2020 stellten die Kalifornier gerade die 47. Maschine fertig. GUSS fertigt die jetzige Version auf Auftrag für 285.000 USD pro Stück.
Was die Roboter noch können und was sie auszeichnet erfahren Sie in der traction Ausgabe Januar/Februar 2021.